ADITYA RYAN BHAT: Fixed / Fleeting

Es beginnt mt einem knackernden und klappernden Geräusch, in das sich schnell das sanfte Plätschern eines eher gemächlich dahinfließenden Gewässers mischt. Auch andere natürliche Geräusche zum Teil animalischen Ursprungs fügen sich ein. Fast meditativ wirkt sich aus, dass die Geräusche und ihre Abfolgen eher gleich bleiben, und mit der Zeit registriert das Ohr natürlich subtile Veränderungen, Brüche, Stauungen und das Paradox einer dezenten Hektik. Auch die leicht elektrifiziert wirkende, latent dublastig wirkende Raumakustik fällt auf.

Aditya Ryan Bhat ist ein in Melbourne lebender Perkussionist und Komponist, der, durchaus verwurzelt in der indischen Musiktradition einer Vorfahren, eine ganze Reihe an Musikarten – von Ambient über Jazz bis Elektronik – erforscht hat und in seine Arbeiten Solo oder in kammermusikalische Ensembles einbringt. “Fixed / Fleeting”, eine der besten australischen Produktionen dieser Art, die – liebe Bildungsbürger unserer Zeit – nicht alle bei Room40 erscheinen müssen, ist Bhats klangkünstlerische Reflexion über das Thema der Flüsse, und in der Tat stammen viele der Sounds von Aufnahmen des Wasser großer und kleinerer Flüsse wie des irrarung (Yarra) oder etwa des Brahmaputra, vermischt mit weiteren elektroakustischen Sounds. Das Saxofon von Gastmusiker Justinn Lu ist eine weitere Konstante, die im Unterschied zu dem latent statisch anmutenden Soundgerüst eher die Bewegung und den fragilen Fluss der Dinge repräsentiert. So erklärt sich dann auch der Titel des Albums.

Irgendwann noch im ersten Viertel des knapp halbstündigen One Track-Albums kommen andere Formen von Bewegung herein, Repetitionen und jede Menge kaum ortbare Geräusche, zu denen dann aber auch das zunächst kurze Striche auf die imaginäre Leinwand pinselnde pfeifende Saxofon gehört. Dieses ist es, das tatsächlich die fließendsten Bewegungen ins Bild bringt, und genau genommen ist stellenweise kaum zu sagen, ob hier zwei oder mehrere Szenen wie verschiedene Negativfotografien übereinandergelegt sind, oder ob das ganze sich zu einem kohärenten Gesamtbild fügt.

Dann wieder das Wasser, das – in Form von Regen, der mit mehrwürdig schabenden Sounds kontrastiert und einmal mehr eine besinnliche Note ins Bild bringt – nach wie vor einen Hauptcharakter der Musik abgibt. Mit der Zeit hat man immer stärker das Gefühl von zumindest kurzen klanglichen Zusammenballungen, bei denen die tendenziell harschen Komponenten besonders in den Vordergrund treten und sich in ihrer Vielheit gegenseitig den Rang streitig machen, darunter sind auch Sounds, die offenkundiger nach Elektronik klingen. Stockende, den retardierenden Momenten des Theaters entsprechende Passagen von stillerem Charakter kommen besonders ab der Mitte der Komposition vor und zeitigen eine ähnlich starke Wirkung.

Bhat betrachtet Flüsse, die er als die eigentlichen Auteurs dieser Musik betrachtet, als theatralische Institutionen, in denen den Faktor der Besiedlung und Industrialisierung von Biotopen durch den Menschen auf die ökologischen Krisen unserer Zeit offenbar wird. Gerade sein Fokus auf den australischen Birrarung River und dessen vielfältige Verknüpfung mit ökologischen, ökonomischen und sozialen Aspekten wird deutlich, so heißt es vom Musiker: “Part of the commission fee has been contributed to the Wurundjeri Woi-wurrung Aboriginal Corporation for the protection of the river. Where possible, I have tried to tread carefully around the voices of other-than-human contributors. I continue to dwell on musical-political-ecological entanglements”.

Demgemäß schließt das Album mit einer Offenheit, bei der alle wesentlichen Details noch einmal zu hören sind. Dass dies aber mit dem flötenden Saxofon und dem wieder sanft plätschernden Wasser noch relativ versöhnlich anmutet – man sollte es nicht überinterpretieren, aber es könnte uns daran erinnern, dass noch nicht fünf nach zwölf ist. (U.S.)

Label: Syrphe