Mit “A Maze of Glass” entführt das von den Soundbastlern Paul Wilson (F.Ampism, Bolide, Triple Heater), Jani Hirvonen (Uton, Grykë Pyje) und Johannes Schebler (Baldruin, Freundliche Kreisel, ebenfalls Grykë Pyje) gegründete Trio Yayoba seine Hörer mit einem Mosaik aus modularen Synthiesounds, vielgestaltiger Perkussion und bearbeiteten Field Recordings auf eine klangliche Odyssee durch ferne Regionen. Dass es sich dabei um die fantastischen Landschaften eines abenteuerlustigen Geistes handelt, steht jedoch von Beginn an außer Frage. Wollte man Phrasen erfinden, dann wäre surreale Exotica wohl das Schlagwort der Stunde.
Schon der Opener “Radiant Reflections” versetzt den Hörer in eine fremdartige Welt aus Flöten und Synthies, die streckenweise an ein Pfeifkonzert tropischer Vögel erinnern. Die Klänge wirken, als würden sie durch einen Urwald hallen, während die rhythmischen Elemente dezent und hypnotisch an eine Kamerafahrt durch eine Fantasielandschaft erinnern. Dieser exotische, entrückte Ansatz zieht sich durch das gesamte Album und wird durch allerlei echte und gefühlte Referenzen an zahllose Musiktraditionen jenseits der westlichen Kernländer immer wieder neu umgesetzt. Das ist – auch – Musik für den einen Typen, der den ganzen Arte Tetra-Labelkatalog besitzt und daneben das Cover von Nurse With Wounds “A Sucked Orange” an die Wand gepinnt hat.
Immer wieder besticht die Musik durch nostalgische Synthieparts, die in manchen Passagen mit launig blubbernden Details, mit rhythmischen Klickern und sanftem Gerumpel angereichert sind. Feinste Geräusche klopfen sanft aneinander und lassen eine Atmosphäre entstehen, die trotz der dichten Klangschichten niemals aufdringlich wirkt. Bisweilen bringen filigrane Details, die auf entrückten Klangfundamenten entstehen, frische rhythmische Strukturen hervor. Immer wieder flattert und zwitschert und quiekt und quakt es, zwischendrin trillert eine Flöte, klingeln Glöckchen, singen himmlische Chöre, brummt eine herzige Tuba oder pocht eine organisch pulsierenende Handtrommel, wobei man vermuten darf, dass ein großer Teil dessen sich einer erfolgreichen Illusionsbildung verdankt oder schlicht eine Fata Morgana in den Gehörgängen des Publikums ist. Nicht selten kommt auch eine gehörige Portion Spannung in die Musik, wenn es leiser und tastender und zögerlicher wird.
Besonders intensive Momente finden sich in “Uniformity and Dispersal”, das u.a. durch ein sanft gespieltes, an ein Saxophon erinnerndes Blasinstrument eine neue, kaum greifbare Atmosphäre entstehen lässt. Hier schafft es das Trio, sich in den Schichten der Klänge zu verlieren, bis diese wie in dem vielleicht zerbrochenen Glas des Albumtitels unzählige Male gespiegelt werden. Das Stück entwickelt sich weiter zu einem fesselnden Mix aus sirenenartigen Klängen und rhythmischen Elementen, die Erinnerungen an einen venezianischen Saltarello wachrufen.
Das Album als Ganzes ist wie ein Labyrinth aus Klangstrukturen, in dem jede Ecke und jede Wendung neue Überraschungen bereithält und oftmals nur ganz kurz anklingen lässt, wie um zu zeigen, dass die Geschichte an jeder Weggabelung auch einen ganz anderen Verlauf nehmen könnte. Von der fast orchestralen Opulenz in “Strange Morning” bis hin zu den flächigen, fast traumverlorenen Klängen von “Shapeshifter’s Dream”, zeigt sich die Wandelbarkeit der Musik – oftmals im Einklang mit dem, was die Titel der Stücke ankündigen. Und gerade dass sich viele der Sounds als sanft und doch plastisch erweisen, demonstriert, dass hier drei Musiker mit einem feinsinnigen Gehör am Werk sind.
Doch dieses Können ist längst nicht alles, denn ein großer Teil der Qualitäten von “A Maze of Glass” verdankt sich den Ideen und wahrscheinlich auch dem Geschmack, den Schebler, Hirvonen und Wilson offenkundig teilen, denn auch wenn man das Album nicht auf den Aspekt Exotica reduzieren muss, darf man festhalten, dass Fernweh seit dem europäischen Genrefilmen der 70er selten so unverkrampft umgesetzt und in surreale Psychedelik gepackt wurden wie auf diesem Tape.
Label: Not Not Fun