Es ist der Eindruck von etwas Verwehtem, das den Klanglandschaften auf Ekin Fils neuem Album “Sleepwalkers” immer wieder die Aura von etwas traumhaftem oder, wie es der Titel schon sagt, somnambulem gibt. Wie zwei Substanzen, die sich nicht abstoßen, die sich aber auch nicht zu einer vollkommenen Einheit vermischen lassen, durchdringt sich dunkles Grollen und Brummen und melodische Hochtöner in dem Opener “Sonuna Kadar”, und zeichnen zusammen den ambienten Hintergrund des Raumes, durch den die gehauchte Stimme der Musikerin von einem zwar nicht tosenden, aber doch starken Wind immer wieder in verschiedene Richtungen geblasen wird.
Zwar ohne Kälte hat dieser Raum nichts plüschig heimeliges, und der aufgrund seiner Verwehtheit nur ansatzweise intelligible Text scheint verwunderte Fragen zu stellen, in denen vielleicht so etwas wie genügsame Antworten und eine gewisse Abgeklärtheit durchscheint. Laut Helen Scarsdale, die mit “Sleepwalkers” nun bereits das sechste Album der türkischen Klangkünstlerin herausbringen, sprudelt der immer etwas ätherisch anmutende Dronepop der Künstlerin einer tiefen “fountain of sorrow”, kündet von verlorener Liebe und einer zerbrochenen Welt, in der die Dinge nicht komplett hoffnungslos sind, aber eine Menge Unrat herumliegt, durch den es zu navigieren gilt. Ekin Fil gelingt dies auf eine sehr sanfte und schöne Weise.
Dass die genügsame Abgeklärtheit, von der das Label spricht, auf “Sleepwalkers” eine freundliche ist, offenbart sich auf gewisse Weise in jedem Stück. Auch ein Titel wie “Stone Cold” ändert nichts daran, dass der schwebende dunkel-cinematische Ambienthauch, der wie aus der Tiefe des Alls in unserer Welt schwebt und hier und da an den gestreiften Objekten kratzt, eine warme dröhnende Substanz in sich birgt. Auch wenn sich hier vordergründig nicht viel bewegt, ereignet sich unter der Oberfläche einiges, und irgendwann kommt mit einer markanten Melodie auch etwas mehr Bewegung in den Track, fatale Bläser und entrückte Synthietupfer klinken sich ein und kulminieren in einem beinahe monumentalen Schlusstableau. Auch in der ganz leicht angerauten elektrifizierten Hülle, aus der in “Reflection” entrückte hochtönende Melodien aus unbekannten Klangquellen emporsprießen, dröhnt etwas Warmes.
Beim genaueren Hinhören, dass sich wahrscheinlich schon automatisch einstellt, hat man sich einmal auf die Atmosphäre der Musik eingelassen, entfalten die einzelnen fünf Stücke alle ihre eigenen Wesenszüge, auch wenn sie auf den ersten Eindruck wie aus einem Guss erscheinen. Da gibt es, gemessen an den Relationen eines insgesamt flächig gleitenden Ambientalbums, auch forschere Momente, die einen aus dem romantischen Schlummer reißen, in den man gelegentlich kippen könnte. Auch der Gesang nimmt immer wieder andere Positionen ein, scheint mal schlaftrunken, mal von einer fast liturgischen Klarheit.
Label: The Helen Scarsdale Agency