Post Orientalism Music bringen zum Jahresbeginn ein neues Werk von Ehsan Saboohi heraus: „Concerto for Solo Actress – The Legend of Yush’s Poet“ ist ein vorwiegend rezitatives Stück in Farsi von starker dramatischer Intensität, in dem die Schauspielerin Ghazal Naeemi das Gedicht “Afsaneh” (dt. “Legende”) des renommierten iranischen Lyrikers Nima Yushij interpretiert. Der Verfasser der Bühnenadaption betont dabei besonders den musikalischen Aspekt des Dramas, das Naqqāli – eine alte Form dramatischer Erählkunst im Iran – in zeitgenössischer Form aufgreift. Das Album beeindruckt durch Naeemis Stimmeinsatz, der von leisen, gesetzten Momenten über kraftvolle stimmliche Expressivität bis hin zu ekstatischem Stöhnen und Schreien reicht, das einem aufgelösten Weinen die Tore offnet. Kurz vor der Schlussgebung ist auch Platz für eine nachdenkliche Stille zwischen den Worten. In kraftvollen Monologen, bei denen manchmal auch Ansätze von Melodik durchkommen, bringt sie eine bewegende Palette von Emotionen zum Ausdruck, die Verzweiflung, Protest und auch zarte Reflexion umspannt. Begleitet wird ihr Vortrag an manchen Stellen durch gezielte Trommelwirbel und andere perkussive Details, die wie eine unsichtbare Orchestrierung wirken. In den Höhepunkten verschmelzen Stimme und Körper der Schauspielerin zu einem intensiven Ausdruck, der die dramatische Wucht und Musikalität der Aufführung unterstreicht. In seinen Anmerkungen beschreibt Saboohi das Werk als eine Verschmelzung von Naqqāli, gesprochenem Wort und Performance-Kunst. Inspiriert von der Natur und den Klängen der Umgebung in Yushijs Heimat, die Saboohi zwei Jahre lang in Mazandaran erforschte, ist ‘Concerto for Solo Actress’ ein Tribut an die Wurzeln und die Wandlungsfähigkeit dieser alten Erzählkunst. “Die Legende – wer sie ist, ihre Stimme, ihr Kummer und ihre lange Reise – hat mich in dieser Zeit tief bewegt”, erklärt der Komponist. Diese Hommage wird besonders durch Naeemis intensive Performance lebendig, die sieben Monate lang für ihre Rolle probte. Das digitale Release umfasst ein Coverfoto von Pegah Assadpour und bietet zusätzlich ein hochwertiges PDF mit einem 39-seitigen HD-Booklet und einer englischen Übersetzung des Gedichts.
“Die Struktur dieses ‘Konzerts’ verbindet zeitgenössisches Naghali (Geschichtenerzählen), gesprochenes Wort und moderne Performancekunst. Hier schafft die Schauspielerin musikalische Ereignisse durch Stimme, Bewegung und Präsenz, wie ein Klavierkonzert ohne Orchester, wobei die Inszenierung als Orchestrierung dient. Naqqāli, die älteste Form der dramatischen Kunst im Iran, hat sich historisch an soziale und politische Veränderungen angepasst. Vor der Sassanidenzeit (651 n. Chr.) waren Naqqāls sowohl Dichter als auch Musiker und erzählten Geschichten mit instrumentaler Begleitung. Während der Ghaznawidenzeit (10.-12. n. Chr.) war musikalisches Naqqāli am Hof verboten, überlebte jedoch in abgelegenen Gebieten. Das Naqqāl erzählt Geschichten in Versen oder Prosa, verwendet Gesten und manchmal Musik oder bemalte Schriftrollen und verkörpert sowohl Unterhaltung als auch Kulturerhaltung und erfordert Kenntnisse der lokalen Traditionen, Sprachen und Musik. Das Konzert für Soloschauspielerinnen ist eine getreue Erzählung basierend auf Nima Yushijs Gedicht Afsaneh (Die Legende). Ich verbrachte zwei Jahre im Dorf Khesht Sar in Mazandaran, in der Nähe von Nimas Geburtsort, und vertiefte mich in seine Umgebung und Natur. Das Kaspische Meer, das Nima als ‘Deine Lippen lächelten in dieser Welle’ beschrieb, wurde Teil meiner Inspiration. Während dieser Jahre erfüllten die Geräusche der Natur und die Stille meinen Geist und ermöglichten es mir, tief über die Legende nachzudenken – wer sie ist, ihre Stimme, ihre Trauer und ihre lange Reise. Die Schaffung dieses Werks war dank eines engagierten Teams möglich, das mich bei Live-Auftritten und Aufnahmesitzungen unterstützte. Soweit ich weiß, ist The Legend of Yush’s Poet das erste Konzert, das für eine Schauspielerin geschrieben wurde. Ich übernehme die Verantwortung für etwaige Fehler, aber ich widme diese Premiere meinem Team und Ghazal Naeemi, die sieben Monate lang unermüdlich geübt hat. Mein Dank gilt Ramin Dargahi für die Übersetzung, meiner Frau Lena Koocheri für ihre ständige Unterstützung und Mohammad Mousavi und Bruce Hamilton für ihre Hilfe bei der Produktion. Meine tiefste Hoffnung ist, dass Nima Yushij, der uns aus der Ferne beobachtet, über unsere Arbeit lächelt – wie eine Welle, die über das Meer lächelt und uns sanft streichelt”. (Ehsan Saboohi)