AK’CHAMEL: Rawskulled

Die Texaner von Ak’chamel haben in den letzten Jahren auf zahlreichen Tapes und der nun dritten Vinylveröffentlichung unter verschiedensten Beinamen agiert, so z.B. The Giver of Illness, The Divinatory Monkey And The Sovereign Plumed Serpent oder The Crazed and Sunchalked Bones of the Vanished Herds. Sie schafften es sogar mal in die Top Ten der schlimmsten Bandnamen. Auf all diesen Tonträgern haben sie eine ganz eigene Form von Grenzen und Genres überschreitende Musik gespielt, die all denen, die (allzu gerne) schnell kulturelle Aneignung rufen, den Angstschweiß auf die Stirn treiben dürfte. Ak’chamel selbst bezeichneten sich einmal augenzwinkernd als „Fourth World Post-Colonial Cultural Cannibalists Circumcising The Foreskin of Enlightenment“.

Mit „Rawslulled“ erscheint nach „The Totemist“ und „A Mournful Kingdom Of Sand“ die inzwischen dritte LP auf dem französischen Label Akuphone. Die ersten beiden Alben waren verglichen mit den zahlreichen Tapes etwas weniger experimentell; so konnte man hier bzgl. des Vinyldebüts lesen: „Auf ‘The Totemist’ [...] klingen Ak’chamel wesentlich klarer, nicht mehr so verrauscht.” Zwischendurch veöffentlichten Ak’chamel auch immer wieder Teile ihrer „Transitory Collection“; der bislang letzte Teil klang so in etwa, als hätten sich Bohren und der Club of Gore von den Necks remixen lasen, um den Soundtrack für eine nächtliche Fahrt durch die Wüste zu kreieren. Ak’chamel blieben und bleiben weiterhin im positivsten Sinne unberechenbar.

Das neue Album beginnt mit „Sheela Na Gig Ceremony“ und macht seinem Titel alle Ehre: Rauschen, das Zirpen von Zikaden, rituelle Gesänge, Unverständliches wird intoniert. Man meint, hier habe jemand in einem entfernten Dschungel heimlich Aufnahmen gemacht. „Apocalypse By Oud“ ist verglichen mit dem ersten Track mit der titelgebenden Oud etwas konventioneller. Das repetetive Spiel klingt durchaus schmissig. Dann aber hört man Stimmen inmitten des Rauschens (des Rausches?), eine Flöte und irgendwann meint man, hier versuchten tierische Dschungelbewohner Black Metal zu singen, was dann im Leiern des Tapes untergeht. Im weiteren Verlauf des Albums hört man (etwas) harmonischere Stücke, wie etwa „Quarter Fed Seance Machines“ mit Gitarrenstrumming. Es gibt „Monsoon Tears“ mit Urwaldgeräuschen, das an einen atonalen Martin Denny denken lässt oder das orientalisch klingende „Mauled Compression Twisted And Ruptured“. Stücke wie„You Exist Solely To Work My Will“ ziehen dann die Dissonatzschraube etwas an: Gesang, knistern, Kehlkopfgesang, dann wieder irre Stimmen. Auf „TuburcuGnosis“ – Ak’chamel hatten schon immer einen Sinn für Humor  – wird wieder eine orientalische Stimmung erzeugt, am Ende scheint wieder das Tape zu leiern; man mag das verstehen als zusätzliches Mittel zur Erzeugung einer scheinbar authentischen Lo-Fi-Atmosphäre oder aber vielleicht als Metakommentar. Letzeres wird in besonderem Maße auf dem Abschlusstrack „Take A Scripture, It’ll Last Longer” deutlich: Eine Stimme verkündet “This concludes this programme from Ak’chamel, the givers of illness“ und der Sprecher verweist auf andere Titel von “Rawskulled” (u.a. “The Smoking Gunlocks And Girthrings Dragged From The Ashes”). Gegen Ende hört man: „Thanks for listening and have a good night“. Ob man nach diesem Album gut schläft, liegt sicherlich an der jeweiligen Disposition  – und das sollte als Kompliment verstanden werden. (MG)

Label: Akuphone