V.A.: Epicurean Escapism III

Von Anfang an waren die Epicurean Escapism-Festivals und die dazugehörigen Veröffentlichungen nie rein musikalisch ausgerichtet und auch wenn das Adjektiv schon lange sehr inflationär verwendet wird, kann man durchaus von einem multimedialen Ansatz sprechen, in dem Musik, Film und Bild gleichwertige Rollen spielen. Weiterlesen

PACIFIC 231 & BARDOSENETICCUBE: The Traditions Of Changes

Wenn zwei Musiker einen völlig konträren Ansatz verfolgen, kann eine Kollaboration zu ungewöhnlichen Ergebnissen führen oder grandios scheitern. Nur eines ist sie niemals: vorhersehbar. Igor Potsukaylo alias Bardoseneticcube ist nach eigener Einschätzung der geborene Surrealist, der sich von seinen Ideen und Assoziationen eher treiben lässt, vergleichbar einem Schreiber der ecriture automatique, der seiner Feder und den Worten freien Lauf lässt. Pierre Jolivet alias Pacific 231 ist Komponist, der dem Soundmaterial begegnet wie ein Bildhauer seinem Steinblock, wenn er schon längst die Idee des künftigen Werks vor Augen hat. Einer fürs kreative Chaos also und ein anderer, um ebendies in eine verdauliche Form zu bringen. Weiterlesen

CONURE: Interpretations

Als Ende der 70er Genres wie Noise und Industrial entstanden, erlebte die experimentelle elektronische Musik nicht nur neue Dimensionen des Atonalen und Verstörenden. In ihrer sarkastischen Haltung zur spätindustriellen Gesellschaft und aufgrund ihrer Liebe zum Schrott brachen einschlägige Musiker auch eine Lanze für das Aneignen, Recyclen und Umcodieren ganz unterschiedlicher Ausgangsmaterialien, sei es durch Sampling, durch Querverweise oder durch Kollagetechniken unterschiedlichster Art. Über die Jahre ist aus der einstmals revolutionären Neuerung ein solides Handwerk geworden, auf das nur selten noch jemand explizit verweist. Zu den Ausnahmen zählt der in Berlin lebende Kalifornier Mark Wilson, der seit gut fünfzehn Jahren unter dem Namen Conure – dt. „Sittich“ – aktiv ist. Weiterlesen

TZII: The Black Pile

Wenn jemand ein Album nach einem schwarzen Haufen oder einer schwarzen Deponie benennt, klingt das erst einmal nicht gut, und genauso ist es von dem belgischen Sound- und Multimedia-Künstler, der sich Tzii nennt, auch gemeint. The Black Pile – das ist der Schrotthaufen, auf dem sich all der Unrat ansammelt, den der Mensch über Jahr und Tag konsumiert hat, um zu werden, was er zu sein glaubt – ein Individuum. Es ist nicht das erste Mal, dass der Musiker sich diesem Thema widmet und seine Konsumkritik mit der Entmythologisierung eines modernen Fetischs, der individuellen Freiheit, kombiniert. Vor einigen Jahren erschien seine EP „Indiviualism“, von der man „The Black Pile“ als eine Art Fortführung verstehen kann. Dass die Weiterlesen

V.A.: Epicurean Escapism 1

Anlässlich des kürzlich in Berlin stattgefundenen dritten „Epicurean Escapism“-Festivals folgt eine Zusammenstellung, die sich als Ergänzung/Überarbeitung der ursprünglichen Tape/DVD-Veröffentlichung, die vor zwei Jahren während des Vorläuferfestivals erstmalig verkauft wurde, versteht.

John Murphy steuert einen Track unter dem Namen seines in den letzten Jahrzehnten nur sehr sporadisch aktiven Projekts Krank bei: Weiterlesen

LAST DOMINION LOST: Towers of Silence

Als das Album „The Tyranny of Distance“, das ursprünglich 1992 entstandenes Material enthielt, 2004 auf Tesco veröffentlicht wurde, war das für diejenigen, die sich für (Post-)Industrial interessierten, schon gewisser Beachtung wert, schließlich waren neben Jon Evans noch zwei Musiker beteiligt, die ein wenig (John Murphy) und sehr stark (Dominic Guerin unter dem Pseudonym Tone Generator) bei SPK mitgewirkt hatten. Das Material hatte dann auch durchaus einen rumpeligen Old School-Charme; dabei muss man ehrlicherweise sagen, dass es sich nicht um eine Band im eigentlichen Sinne handelte, denn es gab keine Pläne das Projekt weiter zu verfolgen und auch der Name wurde erst nachträglich gewählt. Weiterlesen

TREPANERINGSRITUALEN: The Totality of Death

Das nach einer archaischen Methode Schädel zu operieren (eine Abbildung der Prozedur findet man auf dem „Ritualer, Blot & Botgöring“-Tape) benannte Einmannprojekt des Schweden Thomas Martin Ekelund sorgt mit dieser Zusammenstellung von (bis auf wenige Ausnahmen) schon veröffentlichten Stücken bewusst für leichte Verwirrung, veröffentlichen die beiden Label Silken Tofu und Malignant zeitgleich zwei gleich betitelte CDs, deren Artwork sich nur minimal unterscheidet, die allerdings völlig andere Stücke enthalten. Bei dieser Rezension wird es um die CD auf Silken Tofu gehen. Weiterlesen

S.Q.E.: 5+4

J Greco alias S.Q.E. blickt bereits auf einen umfangreichen Backcatalogue zurück. Unter dem Pseudonym The Fruitless Hand wirkte er bei Ure Thrall an etlichen elektronischen Dronealben mit, zuletzt überraschte er im Dunstkreis von Cryptanthus Records und Gruppen wie Orchis und Temple Music. Das Werk des Brooklyners, den man gerne im Prokrustesbett experimenteller Electronica verortet, ist geprägt von einer großen Unberechenbarkeit, mit „Rise of the Vulcans“ überschritt der zuletzt die Grenze zum Eklektischen. Mit einem Dub-Album Weiterlesen

V.A.: Epicurean Escapism

Unter Eskapismus versteht man – kurz gesagt – das Ausblenden der alltäglichen Realität. Will man es genauer wissen, so bemerkt man schnell, dass man ein Fass ohne Boden vor sich hat. Man erfährt, dass Eskapismus oft Kunstwerken nachgesagt wird, in der Regel denen, die nicht direkt Stellung zu Problemen der Zeit beziehen. Vielleicht auch, dass der Begriff erst in der Moderne aufgekommen ist, und für allerlei Fluchtreflexe steht, die eine von Masse und Marktgesetzen geprägte Gesellschaft mit all ihren Entfremdungserscheinungen nach sich zieht. Weiterlesen

BRUME / OUBLIER ET MOURIR: A Year To Live

2003 arbeiteten Anemone Tube und Christian Renou (Brume) erstmals auf „Transference“ zusammen und erschafften ein Album, das trotz unterschwellig unruhiger Momente eine (be)ruhige(nde) Melancholie ausstrahlte. „A Year to Live“ knüpft bedingt an dieses Album an, geht allerdings auch darüber hinaus. Wer die rabiaten und (sowohl musikalisch als auch konzeptionell) dichten, auf Feldaufnahmen basierenden letzten Anemone Tube-Aufnahmen im Kopf hat, wird nachvollziehen können, warum mit Oublier Et Mourir ein anderer Projektname gewählt wurde, denn schon das Eröffnungsstück „A New Weiterlesen

Wie ein unendlicher Fluss von Emotionen: Interview mit Anemone Tube

Seit 1996 veröffentlicht Anemone Tube anspruchsvolle Geräuschmusik, die sich irgendwo zwischen Dark Ambient und Power Electronics bewegt, wobei das Klangbild durchgängig differenzierter ist und enge (Genre-)Grenzen nur da zu sein scheinen, um ge-und durchbrochen zu werden. Dies beweisen auf den ersten Blick so unterschiedliche Veröffentlichungen, wie die Zusammenarbeit mit Christian Renou auf „Transference“, auf der organisch-melodische Tracks zu hören sind, die in ihrer Differenziertheit und Zerbrechlichkeit an Projekte wie Mirror erinnern Weiterlesen

TEMPLE MUSIC: Soon You Will All Die And Your Lives Will Have Been As Nothing

Selten wurde ein Thema wie die Vergänglichkeit mit derart drastischen Worten umrissen wie auf dem vorliegenden Album von Temple Music, einer englischen Psychfolk-Combo, zu deren Nukleus der an vielen Instrumenten bewanderte Alan Trench zählt. Seit den Neunzigern spielt er mit seiner anderen Band Orchis eine Folkmusik, die sperrig und geschmeidig zugleich ist, und betreibt mit Cryptanthus eines der interessantesten Undergroundlabels der britischen Inseln. Temple Music ist sein Projekt mit Stephen Robinson und wechselnden Gästen. Hier gibt man sich strukturell ausladender und konzeptuell zum Teil recht radikal. Weiterlesen

ANEMONE TUBE: Death Over China

In einem Land, in dem Turbokapitalismus sich mit einem autoritären Regime paart, sind die Konsequenzen für die Umwelt katastrophal und weithin dokumentiert. Verglichen mit dem in einer Reihe von chinesischen Städten zu atmenden Miasma, das Atemluft zu nennen ein Hohn wäre, mutet Manchester zur Zeit der industriellen Revolution wie ein Luftkurort an. Weiterlesen