A PLACE TO BURY STRANGERS: Onwards To The Wall

Anscheinend ist A Place To Bury Strangers keine Nerd-Band, andernfalls wäre die Herkunft des Bandnamens schon öfter diskutiert worden – der stammt nämlich von unser aller Kinderschreck Aleister Crowley und ist im Untertitel eines frühen Gedichtes enthalten. Markant ist er auch ohne Vorwissen, und passt somit bestens zu einer Band, die lange bevor Begriffe wie Shoegaze und Postpunk in den hippen Medien ein Revival feierten, das Erbe eines für längere Zeit verdrängten Sounds antraten. In ihrer treibenden Gangart und ihrem Hang zum verrauschten Lärm erinnern die New Yorker aber weit mehr an Jesus And Mary Chain als an Slowdive oder My Bloody Valentine, eher an Red Lorry Yellow Lorry als etwa an Joy Division. Auf ihre konsequente Art steuern A Place To Bury Strangers jedoch den Hype ebenso wenig an, als dass sie ihn zwanghaft zu vermeiden suchten. Schon deshalb lassen sie sich schwer vereinnahmen und werden auch in der Presse stets ehrfürchtig als Einzelerscheinung gehandelt. Das gelegentlich draufgestempelte Label „Noiserock“ passt auch nicht besser, aber es ist weniger klischeebeladen, und spricht ebenfalls für den Respekt, den man der Gruppe entgegenbringt.

Zirka drei Jahre nach dem Album „Exploding Head“ (das mit „Ego Death“ übrigens einen der großartigsten Songs überhaupt enthält) meldet die Band sich mit einem Mini-Album zurück, das gleich mit punkigem Bassgewummer und ekstatischen Tom Toms in die Vollen geht. Was in den ersten Sekunden noch wie ein Standardding für die dunkle Clubnacht beginnt, entpuppt sich bald als zerrissene Fuzz- und Feedback-Feier, noch bevor der Gesang einsetzt, der einen erbarmungslos in einen klaustrophobischen Keller hinabzieht (und den man trotz der Peter Murphy-Gedächtnisstimme von Oliver Ackermann nie unter der Rubrik Schwarzkittel einsortieren würde). Schaut man sich die Tracklist an, illustrieren die fünf Titel die Grundstimmung perfekt. Verlust und Distanz sind prägend, doch A Place To Bury Strangers lamentieren nicht, sondern gehen unerschrocken auf Kollisionskurs. Die Wand, gegen die hier todesmutig angerannt wird, kann so ziemlich alles aus der Geschichte des Menschen sein – oder bildlich gesprochen aus der seiner Architektur: Laut Covermotiv spielt es wohl keine Rolle, ob die Mauer zu einem Tempel archaischer Religion oder zu einem Tempel moderner Bürokratie respektive Marktwirtschaft gehört. Alle Songs sind um die drei Minuten lang, und für unnötigen Firlefanz ist kein Platz. Doch auf Eindimensionalität läuft das keineswegs hinaus. So verbindet das wunderbar melodische „So Far Away“ die Kopfhängerei des Shoegazing ohne jedes Paradox mit kraftvoller Dynamik. Der Titelsong und das folgende „Nothing Will Surprise Me“ zeigen in fünf Minuten, mit was man bei der Band rechnen darf: Knarzende Bässe und lustiges Pappschachteldrumming, schleifendes Gitarrenfeedback, eine tolle Sängerin (neu an Bord) und der Nachhall von siffigen Plakatresten und verschmierten Graffitti.

„Onward to the Wall“ ist wie eine kleine Orkanböe, die in rund fünfzehn Minuten sehr eindringlich daran erinnert, dass A Place To Bury Strangers noch da sind. Auf das derzeit entstehende Album darf man also gespannt sein.

Label: Dead Oceans/Cargo Records