AGENT SIDE GRINDER: Hardware

Ein Albumtitel wie „Hardware“ referiert natürlich auf eine Zeit, als man im Informationsbereich noch einen viel größeren Bezug zum Materiellen hatte als heute. Im Falle von Agent Side Grinder beschreibt er aber auch den Sound sehr gut, denn das Trio spielt eine analoge Musik, die melodisch, eingängig und kurzweilig ist, und jede der rund fünfundvierzig Minuten geht in Ohr und Bein. Harte Ware ist sie dennoch. Von einer Popgruppe sagt man das eher selten.

Dass ich Agent Side Grinder nicht in die Ecke der Depeche Mode-Klone stecken will, hängt nicht nur damit zusammen, dass bei aller Liebe zum Electro Pop der frühen 80er keine allzu starke Referenz auf bestimmte Gruppen erkennbar ist. Viel mehr noch ist hervorzuheben, dass die Schweden im Unterschied zu all den De-Visions und And Ones dieser Welt mehr wahrzunehmen imstande sind als das Schlagerhafte des Pop’n'Wave inklusive Dave Gahans Hollywoodfrisur. Unter anderem heißt das, dass Synthiepop bei ihnen auch mal metallisch, hölzern und organisch klingen kann und nicht bloß nach gefälligem Keyboard. Dazu kommt, dass er vor allem auch die eine oder andere aggressive Note haben kann, ohne gleich in EBM ausarten zu müssen – obwohl das bei der Single-Auskopplung „Wolf Hour“ fast der Fall ist, wären da nicht die Gastvocals, die fast an Alphaville erinnern. Doch nun genug der Referenzen, die einem automatisch in den Sinn kommen bei einer Band, die sich ein derart offensichtliches Retrokonzept auf die Fahnen geschrieben hat.

Die meisten Songs haben ein relativ karges Grundgerüst und bauen auf einem äußerst stoffeligen Takt auf. Bei „Sleeping Fury“ platscht er wie Gummi nach vorn, begleitet von einem energetischen Bariton-Gesang – ungekünstelt, kehlig und stets mit einem latent gereizten Unterton. Das steigert sich noch, wenn Shouter Kristoffer Grip bei “Bring it Back” den Ausruf “Rage” zum gebrüllten Refrain macht. Man denkt unweigerlich an klassische Nitzer Ebb, aber ich höre schon auf. Bei „Look Within“ ist es mehr ein hypnotisches Auf- und Abfedern, dunkel, warm und vital, der Text, der von Verlassenheit kündet, wird dadurch in eine intensive Spannung versetzt. Bisweilen sind die tänzelnden Rhythmen derart simpel euphorisch und hypnotisierend, dass einem weißes Pulver in den Sinn kommt. “Pyre” ist dazu der passende Downer und fast so etwas wie eine Rockballade.

Ich sage so etwas nicht oft, aber Agent Side Grinder ist eine der wenigen Bands, deren Retrosound vielleicht sogar in der „guten alten Zeit“ funktioniert hätte. Und gerade deshalb ist es nicht einmal peinlich, dass sie das im Hier und Jetzt so konsequent durchziehen.

A. Kaudaht

Label: Klangarkivet/Headstomp Productions