Colonial Exhibition – Culloden 1746: Andrew Gilbert-Ausstellung ab dem 26. Oktober in Hamburg

Am 16. April 1746 ereignete sich auf dem schottischen Culloden Moor die letzte und zugleich wohl brutalste Schlacht auf dem Boden des neuzeitlichen Großbritannien. In nur etwas mehr als einer Stunde besiegte eine rund neuntausend Mann starke englische Regierungsarmee eine etwa halb so große Zahl erschöpfter Jakobiten während eines ihrer Aufstände. „In one hour and eight minutes by bayonet, musket fire, round shot and grape shot the Highland Clansmen, armed with bull skin shields and claymores, are reduced to ‘twitching limbless corpses’“, heißt es im Abspann von Peter Watkins Spielfilm „Culloden“ (1964), der die Ereignisse mit Gräueltaten des Vietnam-Krieges in Verbindung bringt. Auch nach der Schlacht kam es zu Übergriffen marodierender Regierungstruppen an der regionalen Bevölkerung.

Die Schlacht bei Culloden ist auch Thema einer neuen Bilderserie des schottischen Künstlers Andrew Gilbert, über den African Paper schon mehrfach berichtet hat, u.a. im Zusammenhang seiner letztjährigen Ausstellung mit David Tibet in Berlin. Gilbert, der das Schlachtfeld von Culloden mit seinem imposanten Denkmal schon als Kind besuchte, stellt in seinen neuen Gemälden und Zeichnungen nicht nur Kampfszenen dar, sondern hebt vor allem einzelne Figuren des Geschehens in Form fantasievoller Porträts hervor. Das besondere an dieser Darstellung ist, dass Gilbert den Figuren und ihren Accessoires das Kolorit typischer Kolonialausstellungen des 19. Jahrhunderts verleiht, bei denen „exotische“ und „primitive“ Völker zur Unterhaltung der europäischen Besucher vorgeführt wurden.

Eine solche Interpretationen der Jakobiten-Rebellion mag manchen gewagt erscheinen, vermittelt aber in Form eines erweiterten Kolonialismus-Begriffs eine ganze Reihe an neuen Perspektiven: auf Aspekte der innereuropäischen Geschichte, auf die Kolonialkriege des British Empire, v.a. aber auf den kolonialen, exotisierenden Blick der Briten des aufgeklärten 18. Jahrhunderts, der sich auch im Rahmen eines „Bürgerkrieges“ nach der typischen Dichotomie „zivilisiert versus wild“ ausrichtete und auf den Feind die Kehrseite des eigenen Selbstbildes projizierte. Das Kritische an Gilberts oft kindlich-karrikaturesken Sujets ist auch und vor allem eine Kritik an Wahrnehmungsgewohnheiten.

Gilbert deckt in seiner hybriden Motivwahl verborgene Gemeinsamkeiten auf und legt Facetten des britischen Imperialismus bloß, die meist vernachlässigt werden, aber keineswegs völlig unbekannt sind. Bereits 1961 bemerkte der Autor John Prebble, dass ein britischer Soldat damals den Anblick der schottischen Hochland-Rebellen als ebenso befremdend empfunden haben muss wie zirka hundert Jahre später ein Kolonialoffizier die erste Begegnung mit Zulu-Kriegern in Südafrika. Die beinahe selbstverständliche Vermischung britischer und indigener Motive in der Ikonografie seiner Bilder war stets eine große Stärke Gilberts, und verlieh seinen Bilderserien aus der Geschichte des British Empire eine irritierende Mehrdeutigkeit. Im Rahmen seines derzeitigen Themas überzeugt diese Überblendung auf ganz eigene Art.

Die Werke werden vom 27. Oktober bis zum 12. Dezember dieses Jahres in der Hamburger power galerie zu sehen sein, die Eröffnung findet am Freitag den 26.10. um 19 Uhr statt.

power galerie GbR
Kai Erdmann
Hopfensack 14
20457 Hamburg

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