Daniel Menche, mit dessen umfangreichem Werk ich nur punktuell vertraut bin, ist bekannt für konzeptuell stringente Aufnahmen, bei denen meist die Bearbeitung von Sounds einzelner Klanquellen im Vordergrund steht. Das Getöse von Wasserfällen, das Summen von Insekten und diverse Wetterphänomene waren in den letzten Jahren Ausgangsmaterial des amerikanischen Klangmanipulators, die im Endresultat dann unterschiedlich deutlich herauszuhören sind. Sein neues Album trägt den alchemistisch anmutenden Titel „Marriage of Metals“, und was in den beiden Stücken v.a. miteinander fusioniert, sind die Sounds verschiedener indonesischer Gong-Arten. Menche beschäftigte sich schon länger mit der auf polyphonen Rhythmen basienrenden Gamelan-Musik und kontaktierte das in seiner Heimatstadt Portland ansässige Ensemble The Venerable Showers Of Beauty, in deren Studio er umfangreiche Aufnahmen machen konnte. Diese wurden anschließend digital bearbeitet und in eine dichte, verrauschte Wolke aus kleinteiligen Soundpartikeln eingebettet, woraus zwei LP-Seiten füllende Stücke entstanden sind.
Gamelan, eine v.a. auf Bali und Java verbreitete Musik, hat im Laufe ihrer langen Geschichte sicher ganz unterschiedliche Spielweisen hervorgebracht, doch der Laie, der vielleicht Aufnahmen aus dem World Music-Regal kennt, könnte sich über den hintergründigen und zunächst fast versteckten Charakter von Menches Gong-Perkussion wundern, die erst mit der Zeit in ihrer vollen Charakteristik erkennbar ist. In „Marriage of Metals I“ ist der verzerrte Sound, der das Spiel der bronzenen Klangkörper umfasst, meist dominanter, eventuell wurde das Instrument durch einen mit Stoff umwickelten Holzstab bearbeitet. Erst mit der Zeit, wenn man sich ganz auf die Musik einlässt, verschärft sich die Wahrnehmung für die detailreiche Klangtextur, und irgendwann erscheint die Resonanz des Metalls wie ein glühender Eisenstab, umhüllt von einer dichten Staubwolke. Verdichtet sich die Musik mit der Zeit, so ist zunächst nicht klar, ob es wirklich die Konsistenz der Klänge ist, die sich intensiviert, oder doch eher die Sensibilität des mit der Zeit immer mehr aklimatisierten Hörers. Doch im Kleinen gibt es durchaus eine Tendenz zur Dynamisierung, und gegen Ende kulminiert das raue und zugleich filigrane Klangbild in immer deutlicher kreisenden Bewegungen. Die zweite Seite ist zunächst weit weniger rau. Auch das Rauschen setzt erst im fortgeschrittenen Stadium von „Marriage of Metals II“ ein, das deutlichere (und für westliche Ohren aufwühlend-melancholische) Melodieansätze aufweist. Doch das Idyll ist von eher kurzer Dauer, denn irgendwann gerät die scheinbar übersichtliche Ordnung des Stücks durcheinander und versinkt in einem Strudel aus Läuten und Rauschen.
Mann kann sich lange darüber streiten, inwiefern der Versuch westlicher Künstler, Musik mit „Ethno“-Image authentisch zu spielen, einem musikalischen Rucksacktourismus gleichkommt. Doch so kritisch man dabei Exotimus und romantische Zivilisationsverdrossenheit auch sehen sollte, lasse ich mich doch ungern zu einer einseitigen Position hinreisen: Traditionell nur mündlich überlieferte Musikarten vor Marginalisierung und Assimilation zu „schützen“ muss nicht zwangsläufig auf museale Erstarrung hinauslaufen, und dies pauschal als paternalistisch zu verteufeln hieße das Kind mit dem Bade auszuschütten.
„Marriage of Metals“ ist eine ernthafte Annäherung an Gamelan. Wie stark Menche dieses Feld auch über die Klangmanipulation hinaus mit neuen Facetten bereichert, müssen Spezialisten beurteilen. (U.S.)
Label: Edition Mego