TOYS’R'NOISE: s/t

Die ersten Minuten subtiler Dröhnung, die das offizielle Debüt von Toys’R'Noise einleiten, lassen den Bandnamen glatt etwas unpassend erscheinen. Zumindest lassen die beiden Komponenten des sprechenden Kompositums eine ganze Weile auf sich warten. Der Illusion einer entspannten Ambientplatte mit postrockigen Gitarren, Streichern und Keyboards will man aber doch nicht auf den Leim gehen, zu spannungsgeladen wirkt der vielfarbige Flächensound des Openers, zu sehr sind schon die ersten Momente von einer unterschwelligen Dynamik und einer stetigen Steigerung der Klangfülle geprägt. Eventuell sind auch schon einige der spärlichen Infos über die umtriebigen Franzosen durchgesickert, die Bühnen und Studios mit einer Vielzahl an zweckentfremdeten Spielsachen und Elektrogeräten füllen und in eine abenteuerliche Schrotthalde verwandeln, die dann auch meist ihre Entsprechung im hörbaren Resultat findet. Von einem späten Echo der Krautrocker Faust war irgendwo die Rede, psychedelischer Harschnoise raunte es an anderer Stelle.

Der stetige, stufenlose Aufbau der einzelnen Stücke, die zielgerade auf einen eruptiven Höhepunkt zusteuern, zählt zu den Hauptcharakteristika der LP. Ebenfalls durchgehend präsent ist eine Klanggestalt irgendwo im Überschneidungsbereich zwischen schepperndem, perkussivem Noise und bassverliebten Punk-Reminiszenzen – eine Region, die einst von Gruppen wie Offizine Schwarz, Savage Republic oder den frühen Neubauten erschlossen wurde und glücklicherweise in den letzten Jahren wenig verhipstert wurde. Das zentrale Leitmotiv findet sich jedoch in der Vorliebe der Musiker, das Klangbild in zuverlässiger Regelmäßigkeit mit Elementen zu garnieren, die nur schwer zum Rest der Sounds passen und deshalb besonders hervorstechen. Genau an diesen Stellen klingt die Band auch an ehesten nach Spielzeug und macht dem erdigen, kernigen Retro-Idyll – das wir alle lieben, weil es so schön eskapistisch ist – einen Strich durch die Rechnung: enervierendes Fiepen irgendwo zwischen dem Klang eines Dudelsacks und einer ordinären Rückkopplung, ein von Jodeln begleiteter Spielautomat, trällernde Vögel oder ähnliches als Karrikatur all dessen, was man – oft ohne es recht zu bemerken – auch an krachiger Musik romantisch besetzen kann. Wahre Könner sind Toys’R'Noise aber v.a., wenn es darum geht, ausdifferenzierte Klangwelten aufzubauen, sie langsam zu variieren oder auch mal abrupt aufeinanderprallen zu lassen. Da ihre Freude am Experimentieren mit Rhythmus, Tempo, Fülle und Vielfalt kaum Grenzen kennt, klingen die sechs unbetitelten Stücke auch immer etwas anders, überlassen geradlinigen Ritual- und Electronica-Passagen ebenso das Feld wie Momenten des Tastens und Suchens oder Lawinen unaufgeräumten Klangschutts.

Ich könnte mir vorstellen, dass die drei Musiker, die ihre Namen abkürzen und bereitwillig hinter ihr Equipment zurücktreten, gar nicht so viel gegen ihren Status als Geheimtipp haben, der hierzulande ohnehin schon dadurch begünstigt wird, dass französischer Underground seit jeher als unerforschter Kontinent betrachtet wird, aus dem man höchstens einzelne Exponenten kennt. Nach Schiphorst und Schlagstrom könnte und sollte ihr deutsches Publikum jedoch wachsen.

Label: Tandori, Love Mazout, Poulpe Mort, Animal Biscuit