LIMPE FUCHS / CHRISTOPH HEEMANN / TIMO VAN LUIJK: Maccia Forest

Christoph Heemann ist seit Jahrzehnten aus der Geräuschmusik nicht wegzudenken. Man denke an seine Anfänge mit dem von skurrilem Humor (der von Asmus Tietchens mal als „rheinländisch“ charakterisiert wurde) geprägten Projekt Hirsche Nicht Aufs Sofa, dessen Album „Melchior“ ganz passenderweise auf Steven Stapletons Label United Dairies erschien, an die oft wunderschönen Gitarrendrones, die er mit Mirror veröffentlichte oder an die dichte Elektroakustik von In Camera. Und natürlich ist er auch abseits von Zusammenarbeiten ein Solokünstler mit umfangreicher Diskographie, seine Arbeit zu Seebalds „Ringen des Saturn“ sei hier nur exemplarisch genannt. Der in Belgien ansässige Timo van Luijk ist der andere Teil des Duos In Camera und war Gründungsmitglied von Noise-Maker’s Fifes. Die ursprünglich bei der Krautrockband – eine zugegeben nur bedingt passende Kategorisierung – Anima spielende Limpe Fuchs ist besonders für ihre selbstgebauten Instrumente bekannt und hat unter anderem zwei Alben auf Heemanns Label Streamline veröffentlicht. Dieser Abriss macht vielleicht deutlich, wie viel langjährige Erfahrung im Bereich randständiger Musik die hier Beteiligten haben und welche Querverbindungen es zwischen ihnen gibt. Aufgenommen wurde das von Waldmetaphorik durchzogene Album im Kölner Loft.

Der längste Track des Albums, das Eröffnungsstück „Getting Dark“, beginnt mit kaum hörbarem Rauschen, irgendwo werden wenig fassbare Sphärenklänge erzeugt, bevor im Vordergrund Handperkussion einsetzt: Rhythmus (ver)suchend, erratisch, tastend, dann etwas, das entfernt nach einem Xylophon klingt, aber auch Feldaufnahmen von Grillenzirpen, Geräusche des Waldes also und dann Stimmkunst von Limpe Fuchs: Lachen, Lautmalerei, Silben in unbekannten Sprachen, der große Dada ruft zur Zusammenkunft, um das Cabaret Voltaire im Unterholz neu zu errichten. Schließlich Windrauschen, Drones, eine leicht dissonante Geige, die zum Abschied spielt. Was durch die Aufzählung vielleicht etwas beliebig erscheint, ist tatsächlich ein sich im Laufe der 25 Minuten zu einer (fast schon begehbaren) Klanglandschaft verdichtendes Stück. „Dark Animals“ klingt dagegen vielleicht etwas homogener, in sich geschlossener, ist gleichzeitig wesentlich bedrohlicher und basslastiger als der Vorgänger: Geräusche wie runtergepitche Kirchenglocken, gegen Ende abgetönte Blasinstrumente, und auch hier wieder Limpe Fuchs’ Stimme, die diesmal allerdings im Unterholz zu verschwinden scheint. Diese titelgebenden Tiere möchte man dann auch nicht notwendigerweise beim nächsten Gang durch den Wald treffen. „Forest“ beginnt mit Perkussion, die passagenweise vielleicht an manche Arbeiten Z’EVs erinnert, es brummt, in der Ferne kann man Drones hören, dann wird ein Instrument gespielt, das klingt, als höre man Spechten bei ihrer Arbeit zu. Zum Abschluss dann ein (vermeintlich) konventionelles Instrument: Klavierspiel lässt das Album recht optimistisch ausklingen.

Es gibt Zusammenarbeiten von Musikern, die auf den ersten Blick interessante Ergebnisse zu versprechen scheinen, dann aber einfach nicht funktionieren, auf „Maccia Forest“ hingegen zeigt sich allerdings, wie aus einer Vielzahl von Ideen und Klängen etwas entstehen kann, das (Achtung: Topos!) mehr als die Summe seiner Teile ist.

M.G.

Label: Streamline