Mai Mai Mai ist eine moderne Abenteuergeschichte, eine Art Odyssee durch eine analoge mediterrane Welt, in der der mythische Held, sein Name ist Toni, allerhand Dinge zu meistern hat, die für den Rezipienten vage und abstrakt bleiben müssen. Dies ist v.a. dem Medium der Geschichte geschuldet, denn Mai Mai Mai ist weder Epos, noch Film, noch Balladensammlung, sondern ein weitgehend instrumental gehaltenes, elektronisches Musikprojekt – diesmal unterstützt durch eine handvoll Gäste, die das Album “Delta” ein gutes Stück vom Vorgänger “Theta” abheben.
Die Homer-Assoziationen sollen hier keinen Bildungsbombast einbringen, der dem an Witch House erinnernden, im Ganzen aber durchaus facettenreichen Stil inadäquat wäre. Sie drängen sich aber dennoch anhand von Titeln, Samples und Soundzitaten auf, die nach dem Debüt nun auch den Nachfolger in ein mediterranes Setting zwischen Rom, Athen und Byzanz versetzen. Die Route dieses zweiten Reiseabschnittes ist nur vage bekannt, da einer der vier Songs den Titel “Βυζάντιον (Byzàntion)” trägt. Sie beginnt im Trubel einer gewittrigen Nacht, während Eispickelhandclaps versuchen, so etwas wie Struktur einzubringen. Ob die akuraten Rhythmen dem Unwetter und v.a. dem nur noch latent anthropomorphen Grummeln im Hintergrund Einhalt gebieten können? Eher nicht, denn Donato Epiros Kannibalenorgel verleiht der Szene schnell eine derart schicksalsschwere Färbung, das jeder Kontrollversuch illusorisch bleiben muss.
In jedem der rund zehnminütigen Stücke bilden die nichtelektronischen Beigaben ein strukturelles oder atmosphärisches Gegengewicht zum technoiden Rahmen. Mal vermittelt (orthodoxer?) Chorgesang ein Gefühl von Spiritualität und bildet zugleich einen roten (Ariadne-)Faden durch eine ansonsten noisig zerfetzte Klanggestalt. Ethnolastige Handdrums und die Klarinette Gianni Giublena Rosacroces (La Piramide di Sangue) dringen durch den Reibeisenambient von “τετρακτύς (tetraktys)” und sorgen für fast schon folkige Entspannung. Im letzten, subtilsten Stück mischen Computerkitschfragmente das Düstere, aber auch jeden Eindruck von Ursprünglichkeit auf.
Am Ende der knappen Dreiviertelstunde ist man um einige Erlebnisse reicher und doch so klug als wie zuvor, auch was den Veröffentlichungstermin angeht. In den Liner notes wird betont, dass die LP am 24. Mai, dem Tag des griechischen Thargelia-Festes, erscheint. (U.S.)
Label: Yerevan Tapes