ESPECTRA NEGRA: Savage Justice

Schon der Projektname und der Titel dieser Veröffentlichung legen nah, dass es hier ausgesprochen düster und archaisch zugeht. Espectra Negra, das schwarze Gespenst, ist das aktuelle Soloprojekt der aus Mexico stammenden Noiserin Verónica Mota Galindo, deren meist zwischen Ambient und postidustrieller Klangkunst verortete Sounds bereits in Gruppen wie Cubop, The Sublime und The Devil And Miss Jones zu hören waren. Das 5-Track-Tape “Savage Justice”, auf dem auch Drums von John Murphy zu hören sind, mag für ein Konzept(mini)album zu heterogen ausgefallen sein, doch sind die kompakten Szenarien aus diversen Erdteilen von roher Gewalt und religiös eingefärbtem Ritualismus zusammengehalten.

Wenn die Musikerin durch eines besonders überzeugt, dann durch ihre Fähigkeit, mit feinsinniger Kollagentechnik aus groben Sounds beklemmende Stimmungsbilder zu erzeugen. “Mi Santa Muerte” entwickelt sich auf der Basis undefinierbarer Feldaufnahmen und siedelt sich im Niemandsland zwischen schwebendem Ambient und metallenem Ritualsound an. In anderen Tracks kommt die menschliche Sprache deutlicher zur Geltung und dominiert Schauplätze vor grobkörnigen, oft ausgesprochen plastischen Klangkulissen. Im Wabernden “Maha Chai”-Drone ist es die von Annie Stubbs bei der beängstigend sachlichen Beschreibung eines Gefängnisalltags in Bangkok, andernorts hört man das beschwörende Gemurmel einer Zeremonie tibetischer Mönche oder der wie von Schellack eingespielte Singsang einer sibirischen Schamanin.

“Savage Justice” überzeugt nicht zuletzt auf Soundebene, und auch wenn die Stücke im Verlauf immer futuristischer werden, steht das Technische doch nie derart im Vordergrund, dass das Urtümliche im Brummen von Stimmen und Geräuschen einen zu modernen Zeitbezug bekäme. Bei all dem zeigt Espectra Negra keine Scheu vor Grobheiten: Der Wechsel vom sanften Fluten zu rauschendem Lärm im Augenblick drastischer Textstellen entspricht der Markanz der düsteren Tracktitel. Und weil das durchaus seinen Charme hat, verzeit man gerne auch das mittlerweile etwas abgegriffene Körperwelten-Artwork. (U.S.)