Die meisten verbinden Reinhold Friedl mit seinem Ensemble zeitkratzer. Weniger bekannt ist, dass der Dirigent von Haus aus Pianist ist und auch in dem Bereich einige Kollborationen und Soloalben vorzuweisen hat. Sein Faible gilt Inside Piano-Techniken, mit denen er sich längst einen eigenen unberechenbaren Stil erarbeitet hat. Für seine jüngst veröffentlichte Arbeit hat er sich nicht zum ersten mal ein Instrument ausgesucht, für das er seit längerem ein besonderes Interesse hegt, nämlich den raren Neo Bechstein-Flügel.
Der Neo-Bechstein-Flügel, von dessen ursprünglich 150 Exemplaren noch zwei funktionsfähige erhalten sein sollen, war das erste E-Piano der Musikgeschichte. In den späten Zwanzigern im Auftrag von Siemens und Telefunken an der Berliner HU entwickelt, verdankt sich seine Entstehung ursprünglich diversen Forschungen zur militärischen Fernmeldetechnik. Die Schwingungen der mit Mikrohämmern bearbeiteten Saiten werden induktiv mit Tonabnehmern aufgenommen, worauf der typische Prozess des Verstärkens und Wiedergebens per Lautsprecher erfolgt.
Was Friedel hier im Klavierkasten mit Objekten aus unterschiedlichen Materialien anstellt und von Sukandar Katardinatas in ein angemessenes Raumklangverhältnis gebracht wird, ist allem voran sehr dicht und lässt ein Klangbild entstehen, das wohl von den meisten Hörern nur punktuell als Klaviermusik erkennbar ist. Mit dem Rollen von Stahlrohren und dem perkussiven Bearbeiten von Saiten, auf denen sich Objekte aus Holz oder Stein befinden, entsteht hier ein Klangbild, das sich in Intervallen zwischen dunklem, gleitenden Ambient und einem Dröhnen bewegt, das an einigen Stellen in puren Lärm übergeht. Vieles verdankt sich dabei dem ungewöhnlich langen Oszillieren der Töne des Instruments.
Der Wechsel auf- und abebbender Geschwindigkeiten und die mittels Raumklangtechniken erzeugten Bewegungen des Klangmaterials, das einen zeitweise regelrecht einkreist, all dies vermag auch den Laien solcher Musik zu beeindrucken. (U.S.)
Label: Bocian Records