SOAPKILLS: The Best Of Soapkills

In einer der letzten Szenen in Jim Jarmushs „Only Lovers left Alive“ betreten die beiden Vampire Adam (Tom Hiddleston) und Eve (Tilda Swinton) ein Lokal im Marrokanischen Tanger, in dem gerade ein kleines Konzert stattfindet. Was sie zu sehen und zu hören bekommen, ist nicht etwa Sir Richard Bishop bei der Präsentation seines neuen Albums, sondern eine charismatische Sängerin, die mit ihrer Band ein schwermütiges Lied auf Arabisch vorträgt. Wie sehr die beiden von der Austrahlung der jungen Frau beeindruckt sind, merkt man nicht nur an ihrer Mimik, denn Adam sagt nur sinngemäß, dass er hoffe, dass sie nicht allzu populär werden wird. Ob es ihm um die korrumpierende Wirkung des Erfolgs geht, bleibt offen, jedenfalls handelt es sich bei der Sängerin um die sich selbst spielende Libanesin Yasmine Hamdan, die ihren Durchbruch als Musikerin längst hinter sich hat.

Erstmals einem größeren Publikum bekannt wurde sie mit SoapKills, der Band, die sie in Beirut mit Zeid Hamdan gründete, der wohl auch einmal ihr Lebenspartner war, dennoch aber nur zufällig den gleichen Familiennamen trägt. SoapKills spielten in den späten 90ern und den ersten Jahren nach der Jahrtausendwende ihre eigene Version solide gestalteter Electronica, die mit bekannten Maßstäben gemessen leicht an den sogenannten Bristol Sound erinnert und von der französischen Presse – nicht nur wegen Hamdans arabischem Gesang, sondern auch wegen einiger regionaler Stilelemente – den Genrenamen Trip Hop á Orientale verpasst bekam. Damit war freilich noch nichts über Zeids Faible für dezente Zutaten jamaikanischer Prägung gesagt.

Mitte der Nuller ging Yasmine, wie nicht ungewöhnlich für in Aufbruchstimmung begriffene junge Libanesen, nach Frankreich, was das Ende von SoapKills bedeutete. Fortan gingen die beiden je eigene Wege, bei denen sie sich nie längere kreative Pausen gönnten, doch es scheint mir etwas bedauerlich, dass viele ihrer Projekte eher kurzlebiger Natur waren und den Charakter von Kollaborationen hatten. Yasmine gründete zunächst das Duo Y.A.S. (von dem ebenfalls ein Stück im Soundrack des besagten Jarmush-Films enthalten ist) und debütierte vor einigen Jahren unter ihrem eigenen Namen, Zeid, der ein talentierter Producer ist, gründete zahlreiche Bands wie The New Government, die nicht nur muskalisch, sondern auch dank Yasmines gelegentlicher Gastauftritte, die Kontinuität zu SoapKills bewahrten. Vielleicht hat er mit Zeid And The Wings ja in den letzten Jahren einen Weg gefunden, den er etwas langfristiger gehen wird.

Auch wenn SoapKills zweifellos den Sound der Jahrtausendwende versprüht, wirkt die Musik heute keineswegs verstaubt, was dafür spricht, dass Crammed Records jüngst eine Compilation mit einigen der beliebtesten Stücke der Band herausbrachte. Was die in einem Zeitrahmen von knapp zehn Jahren entstandenen Stücke leitmotivisch zusammenhält, ist einmal Zeids sichere Hand für aufgeräumte Klangräume, die mehr auf beiläufige Verspieltheiten denn auf Spektakuläres setzen und vielleicht gerade deshalb gefangen zu nehmen wissen. Ein weiterer Faden ist Yasmines Gesang, der in westlichen Medien vielleicht etwas zu sehr auf das Arabische reduziert wurde, denn ihre Stimme und auch ihre persönliche Ausstrahlung haben wenig, das Exotikbedürfnissen entgegenkommt, vielmehr eignet ihr eine Schwermut, die oft nonchalant und fast forsch daherkommt, was einen überraschen kann, wenn man sie nur von Bildern her kennt.

Dennoch ist ihr Pop, den es in relaxter ebenso wie in grooviger Variante gibt, von einigen regionalen Motiven durchwirkt, die sich aber fast beiläufig in den eher raumlosen Basissound und das Mosaik aus dezenten Reggae- und Dancehallzitaten und die lynchesken Jahrmarktsorgeln einfügen. In manchen Stücken zeigen die beiden, wie wirkungsvoll auch einfache Effekte sein können, so erklingt Yasemines Stimme in „Cheftak“ oder in „Herzan“ wie aus einer Telefonmuschel direkt am Ohr und schafft eine sehr intime Atmosphäre. In „Enta Fen“ vom gleichnamigen letzten Album wirken die orientalischen Bläser dem ansonsten kühlen Klanggewand entgegen, anderswo – z.B. in „Tango“, zu dem man tatsächlich argentinisch tanzen könnte, geht es auch sonst opulenter zu.

Da die Stücke nicht chronologisch geordnet sind, wirkt die Auswahl zusammenhängender und lässt beinahe ein Albumgefühl aufkommen, wenn auch ein stilistisch einigermaßen durchwachenes. Wer die Band hier erst kennelernt und Feuer gefangen hat, darf sich freuen: Die drei Originalalben werden in kürze wiederveröffentlicht, wenn auch nur digital. (U.S.)

Label: Crammed