DEISON & UGGERI: In the Other House

Der Topos des Spukhauses findet sich in den meisten Medien – oder wie es bezogen auf den Film Georg Seeßlen und Fernand Jung formulieren: „Vom verdammten Haus zu erzählen scheint dem Kino von Anfang an aufgetragen.“ In der Literatur hat Mark Z. Danielewski mit House of Leaves vielleicht einen postmodernen Endpunkt gesetzt und in der Musik war es der Ambient, der die Beschallung von Räumen teils im Titel trug (vgl. Brian Eno) und dessen uneheliches Kind das Attribut „Dark“ verwendete, um finsterste, nicht immer ganz klischeefreie Evokationen von unheilvollen Orten zu erzeugen.

Cristiano Deison und Matteo Uggeri, beide seit Jahren vertraut mit verschiedensten Spielarten randständiger (Geräusch-) Musik, setzen sich mit der Thematik des seltsamen Hauses auseinander: In der Pressemitteilung ist zwar von „dark invisible presences“ im titelgebenden Haus die Rede, allerdings wird dann schnell klargemacht, dass es sich bei „In the Other House “nicht um den Soundtrack zu einem Horrorfilm handelt.

Die Titel der einzelnen Stücke verweisen auf Räume, auf einen Gang durch das Haus: „Fessure (Attic & Stairs)“ dröhnt unheilschwanger, es pocht behutsam, Geigen tönen in der Ferne, ein Bass wird dezent gezupft. Bei all dem ist der Klang transparent, wobei die Grenzen zwischen elektronischen und akustischen Klangquellen fortwährend verschwimmen. „So Detached (Dining Room and Terrace)“ kombiniert Feldaufnahmen von einer einsam läutenden Glocke, fallendem Regen und knarrenden Türen. „Micro Drama (Kitchen)“ wird von Drones dominiert, ist wesentlich kälter als die beiden vorherigen Stücke: Man hört vereinzelte melancholische Pianotupfer, dann plötzlich atonale Einbrüche. „Stasis (Bathroom)“ beginnt mit einem Knistern, das an Wassertropfen erinnert. Man meint, eine verfremdete Trompete zu hören, die am Rande der Dissonanz spielt. Auf „Worried Stagnation (Bedroom)“ hört man Schritte, dann setzen dunkle Drones ein, in die immer wieder kaum zu lokalisierende Geräusche einbrechen: Wasser fließt, schließlich entfernen sich die Schritte. „Prelude, Largo (Stairs and Cellar)“ beendet das Album: Auch hier scheinen bearbeitete Trompetenklänge die Basis zu sein.

„In the other house“ ist ein Album angesiedelt irgendwo zwischen Elektroakustik und (Dark) Ambient, das in seiner Geschmackssicherheit und Reduziertheit weit entfernt ist von dem überladenen Bombast, der manche Alben prägt, die sich am Erzeugen einer unheimlicher Atmosphäre versuchen. Musikalisch also durchaus manchmal gar nicht so weit von einem so hervorragenden Album, wie dem auf Type veröffentlichten „Knive“ von Svarte Greiner entfernt. Ein Horrorfilm wird hier tatsächlich nicht vertont, viel eher hat man als Hörer fortwährend ein Gefühl das nicht ganz unähnlich dem ist, als wenn man Richard Oelzes wohl bekanntestes Gemälde „Die Erwartung“ betrachtet. Tolle Platte. (M.G.)

Label: Final Muzik/Old Bicycle Records/Oak Editions/Loud/Grey Sparkle