Hinter dem Namen Everest Magma verbirgt sich der Turiner Musiker mit dem Pseudonym Rella The Woodcutter, der auch an dem Kollektiv Eternal Zio beteiligt ist oder zumindest war. Alles, was man hierzulande bisher von ihm zu hören bekam, bewegte sich im Schnittbereich archaischer Ritualistik und einem blueslastigen Folksound, der ein starkes Interesse an amerikanischen Traditionen offenbart, in den etwas opulenteren Stücken aber auch schon immer ein Faible für Schräges und Fuzziges zur Schau stellte. Hört man zum ersten mal die atonalen, im weitesten Sinne technoiden Electronica seines neuen Projektes, so sucht man unweigerlich nach Verbindungen und Gemeinsamkeiten zu seinen früheren Arbeiten. Dass sie nicht gleich an der Oberfläche zu finden sind, versteht sich vom ersten Ton an.
Diese Oberfläche ist sprachlich nicht leicht zu erfassen, denn schon von der Gangart her ist die recht unübersichtliche, kleinteilige Elektronik ein tönendes Paradox, geht der Takt des treibenden Openers “Nan Nan” doch ordentlich nach vorn und basiert doch auf einer knisternden und knackenden Perkussion, die über weite Strecken jede Koordination vermissen lässt und sich dabei entschieden unstraight gibt. Bei den vielen Brüchen erhofft man sich Erholung vom heillosen Chaos, doch all die disparaten Elemente sind auch in den leiseren und langsameren Passagen allgegenwärtig. Erst nach einer ganzen Zeit hat man sich aklimatisiert und ein Verständnis für die subtilen Rhythmen, Harmonien und Melodieansätze bekommen.
Klangfarben, Geschwindigkeit und die räumliche Zusammensetzung des Klangmaterials bestimmen das Koordinatensystem von Everest Magma. Klangfarben fallen dann ins Auge, wenn dumpfe Detonationen in “Cuarteo Sa” den klaren Rasselsound unterbrechen und die Aufmerksamkeit für gemurmelte Rewind-Vocals schärfen. Oder in dem Kontrast von hölzernem Geklöppel und hellen, hochtönenden Klangtupfern in “Dres Duet Nel”. Natürlich bestimmen die oftmals unzuverlässigen Takte das Hauptaugenmerk des ganzen, wenn sie für Momente in tribaler Rhythmik kulminieren, manchmal eine housige Struktur annehmen oder im aggressiven, aber klanglich geschliffenen “Maigam Aler” wie schamanischer Rhythm Noise abgehen.
Nun, mit Ausrücken wie tribal, schamanistisch, Rasseln und Geklöppel sind schon ein paar zentrale Stichworte gefallen, mit denen sich eine Anknüpfung zu den folkigen und psychedelischn Arbeiten ausloten lassen, die man von dem Künstler zuvor kannte. Nie allerdings hat er das Archaische und das Futuristische derart miteinander kombiniert wie auf dem ganz passend betitelten “Modern / Antique”. (U.S.)
Label: Boring Machines