Wäre das Album „Little Black World“ ein Film, dann wäre es ein Thriller, der an einigen Stellen ganz abrupt in blanken Horror übergeht. Sein Plot wäre episodisch strukturiert mit immer wiederkehrenden Figuren und Motiven, sodass man auch an beliebiger Stelle den Kinosaal betreten könnte. Dann würde je nach der entsprechenden Stelle vielleicht der Eindruck eines subtilen oder aber eines reißerischen Filmes entstehen. „Little Black World“ entschied sich aber dafür, im Medium Musik auf die Welt zu kommen und wurde unter den Händen der Architektin und Multimediakünstlerin Jana Komatitsa zu einem dramatischen Album irgendwo im weiten Feld zwischen Ambient und Industrial.
Nach Eigenangabe will „Little Black World“ den Vorhang, den die Zivilisation zwischen den behaglichen und den unbehaglichen Räumen unserer Psyche abgebracht hat, für Momente lüften und einen kurzen Blick auf die fragwürdigen Wahngebilde ermöglichen, die man sonst nur verschwommen aus Träumen kennt. Und das gerät – um dann auch mal weniger hochtrabend zu klingen – bisweilen spannender als jede Geisterbahn.
Ist das Affengelächter, was sich da im Opener in die Gehörgänge bohrt? Oder träume ich eher, oder sind es doch die schon immer etwas dubios wirkenden Nachbarn? Schon hat man da die Grenze zwischen der Musik und dem Leben überschritten, was dafür spricht, dass das merkwürdige Sample über dem düsteren Grollen, dass wie die Kamerfahrt durch ein nächtliches Endzeitszenario anmutet, seine Wirkung nicht verfehlt. Düstere surreale Momente reihen sich in den folgenden Stücken aneinander. Das kann ein verselbständigtes musikalisches Moment sein wie desolates Brummen oder merwürdig in der Ferne erklingendes Scheppern, deutlicher spukhaft wirkt das enervierende Murmeln eines Radiosprechers, das sich irgendwann im Tremolo auflöst.
Mit der Zeit fühlt sich der Hörer wie in einem akustische Spiegelkabinett, in welchem ihm von allen Seiten undefinierbare Stimmen und Sounds entgegenschallen und sich vermischen. Hilflos hastet man mit den Ohren hin und her, und manch einer mit einem etwas schlichteren Musikverständnis mag sich fragen, wann denn jetzt die rhythmischen Passagen anfangen, doch die lassen sich lange Zeit und manchmal bleiben sie sogar ganz aus – von mir aus könnte all dies noch weniger technoid ausfallen, aber das ist sicher Geschmackssache.
Janas Können in puncto Soundmanipulation verdienen dennoch Anerkennung, und somit lohnt diese Neubearbeitung ihres einst auf 50 Exemplare reduzierten Tapes auch für die Wenigen, die das Original bereits kennen. (J.G.)
Label: Audiophob