We make music with our anger. Interview mit group A

Auf den ersten Blick wirken Tommi und Sayaka, die seit einigen Jahren unter dem Namen group A analoge elektronische Musik zwischen Noise und Minimal Wave spielen, wie die perfekte futuristische Version einer exotischen Fantasie: zwei nur spärlich bekleidete Japanerinnen mit body painting und den in Ostasien bekannten Reisbauernhüten, die allerdings aus Aluminium sind und so auch ein bisschen an die Kopfbedeckung diverser Chemtrail-Paranoiker erinnern. Doch auch wenn group A das Spiel mit Klischees mögen, haben ihre Musik und ihre Performances weit mehr zu bieten als das – die den simplen Rhythmen und den eindringlichen minimalen Melodieansätzen geschuldete Hypnotik entfaltet v.a. live eine rituelle Atmosphäre, die sich in Sachen Ernsthaftigkeit von vielem abhebt, was heutzutage mit allerhand zitathaften Bezügenum sich schmeißt, zudem sind die Musik und ihre Texte gespickt mit verschiedensten spirituellen wie politischen Bezügen, letztere immer vorgebracht mit der angemessenen Portion Wut. Tommi (Vocals und Elektronik) und Sayaka (Violine und Elektronik) lernten sich in London kennen, etablierten ihre Band jedoch im heimatlichen Tokyo. Seit einigen Monaten leben die beiden jetzt in Berlin, wo man sie bereits auf diversen Bühnen und als DJs erleben konnte. Nach einem Konzert mit Mueran Humanos wurde der Grundstein gelegt zum folgenden Interview.

English Version

Soweit ich weiß habt ihr vor der Gründung von group A schon in ein paar Bands gespielt. Hattet ihr gleich intuitiv gemerkt, dass ihr die richtige Partnerin gefunden hattet, und was war die gemeinsame Basis, die es euch so einfach gemacht hatte, anzufangen?

Tommi: Ich war vorher in zwei Bands, eine in London und eine als ich wieder nach Tokyo ging. Ich war gerade auf der Suche nach jemandem, um wieder Musik zu machen, als ich Sayaka traf, kurz nachdem sich meiner vorherige Band mehr oder weniger aufgelöst hatte. Als ich Sayaka traf, wusste ich sofort, dass wir was witziges zusammen machen könnten, ich hatte es einfach im Gefühl. Nichts ernstes unbedingt, aber eifach irgendwas, das Spaß machen könnte, was verrücktes. Ich glaube, wir sind schon eine Woche darauf in ein Studio gegangen.

Sayaka: group A ist die erste Band, in der ich jemals gespielt habe. es ist meine erste erfahrung im Musik machen, und so ist jeder schritt neu für mich. Wir hatten nur aus Spaß angefangen, also völlig ohne jeden Stress, als es begann.

War dei Musik, die du vorher gemacht hast, sehr anders als group A?

Tommi: Meine erste Band war Punk. Einer meiner englsten Freunde in London hatte die idee, dass ich hauptsächlich auf Japanisch singen und schreien sollte. Ich spielte auch etwas mit Pro-One, das war dann meine erste erfahrung mit Synthie. Es war großer Spaß! Ich ging dann zurück nach Japan und wollte weiter Musik machen. Ich bekam sozusagen den Gitarristen von der Punkband meines Freundes, die gerade nicht aktiv war, und jemand anderes, der gerade von Tokyo nach england gegangen ist, spielte Drums. Ich hörte danachs sehr viel Post-Punk aus den späten Siebzigern und begann irgendwann mit dem Bass zu üben und spielte Jah Wobbles basslines aus den frühen PIL-Aufnahmen. Ich mochte auch Reggae und Dub. Meine zweite Band klang wohl ziemlich nach diesen Spät-70er Post-Punk-Bands, minimalistisch mit obskuren Up Tempo-Drums, dubbigen Basslines und Gitarren im Stil von Keith Levene und Viv Albertine.

Gab es eine feste Idee, wie group A should klingen sollte, oder habt ihr erst einmal gespielt und dann geschaut, wohin es geht?

Tommi: Wir dachten anfangs gar nicht, dass wir wirklich Musik aufnehmen würden.. Wenn ich zurückschaue, fühlt es sich ganz schön seltsam an. Vielleicht waren wir viel mehr an Performance orientiert? Ich weiß nicht mal mehr genau, was wir überhaupt zu machen versuchten. Wir hatten nie wirklich Musik gemacht, bis die Sängerin uns verließ und wir nur noch zu zweit waren, erst da begannen wir wohl erst richtig, Musik zu machen.

Sayaka: Wir fingen im Studio einfach zu jammen an ohne wirkliche musikalische Skills, nur so zum Spaß und so machen wir es immer noch..

Eure Musik wird oft mit klassischen New Wave- oder Industrial-Bands verglichen, und ich bin sicher, dass ihr solche Sachen mögt. Auf der anderen Seite bedeuten musikalische einflüsse ja nicht zwingend, das man ähnlich klingt. Könnt ihr ein paar untypische einflüsse nennen, die eure Ideen geprägt haben?

Tommi: Die Spiritualität des Shinto. Und Buddhismus vielleicht auch. Ich würde nicht sagen, dass ich besonders religiös bin, meine Familie sind Buddhisten und ich wuchs mit vielen verschiedenen Zeremonien aus dem traditionellen japanischen Buddhismus auf. Auch die Erziehung in Japan basiert, wie ich denke, immer noch stark auf Shinto und Buddhism (obwohl sich vieles ändert), wenn du also in Japan aufwächst, lernst du schon unbewusst eine ganze Menge über diese Religionen. Ich interessierte mich erst nach meiner Rückkehr aus London und meinem Studium an der Design-Hochschule etwas mehr dafür und bekam so ein Gefühl für die Ideen dieser Religionen und dafür, wie viel ich wirklich glaubte. Ich begann mein Design-Studium ungefähr zu der Zeit, als wir zu spielen begannen, damals bekam ich viele neue Ideen in den Kursen am Tag und erzählte Abends im Studio Sayaka ganz begeistert davon. So war dann auch mein Studium ziemlich inspirierend für meine Kreativität in group A. Die Geschichte des Desings, Filmes, Medien, Architektur, Fotografie, Typografie, Religionen, Kriege, Politik.. eine ganze Menge.

Sayaka: Natürlich hat mich die Musik, die ich hörte, sehr beeinflusst, als ich selbst zu spielen anfing, ich finde immer wieder bestimmte Wörter inspirierend, oder Geschichten oder auch Gefühle, die ich in einem bestimmte Moment habe, so etwas visualisiere ich in meinem Kopf und konvertiere es in Musik.

Ihr hattet anfangs noch ein drittes Mitglied. Steht es jetzt fest, dass ihr ein Duo seid, ode rist group A nach wie vor offen für Veränderungen des Line-ups und Kollaborationen?

Tommi: Ich würde gerne mit Tieren spielen, besonders mit Pferden. Menschen langweilen mich. Nur wenn sie für so etwas zu haben wären, die Vorstellung finde ich großartig. Oder, falls ich einen Menschen auswählen müsste, dann hätte ich gerne einen, der Öl-Drums spielt wie  Bongo Joe (George Coleman).

Sayaka: group A ist buchstäblich ‘a group’. Wir kollaborieren oft mit visuellen Künstlern, Lichtkünstlern und so weiter… sie alle sind irgendwie Mitglieder von group A. Meine Violine, meine Pedale und Tommis Synthies sind ebenfalls Mitglieder. Es ist flexibel.

Wie sehr hat die Erfahrung, in verschiedenen Ländern und Städten zu leben eure Herangehensweise geprägt?

Tommi: Für mich ist es wesentlich angenehmer, in Europa zu leben, es fühlt sich richtig an. Ich könnte es mir überhaupt nicht vorstellen, mein ganzes Leben in Japan zu verbringen. Ich habe mich niemals zugehörig gefühlt in Japan, was nicht heißt, dass ich mich in Europa wirklich zugehörig fühle, aber es scheint so, als fühle ich mich hier ein bisschen eher zugehörig. Letztlich gibt es für mich nicht so etwas wie eine Heimat und ein Ausland… Ich denke ganz einfach nicht auf diese Art. Nachdem ich mehrere Jahre in London gelebt hatte, kam mir Tokyo wie ein komplett neuer Ort vor.

Ich glaube ich habe schon in meiner Kindheit Dinge aus einer etwas anderen Perspektive betrachtet, die ich nur sehr schwer mit Worten beschreiben kann. Wenn ich mich aber ausschließlich auf unseren Sound konzentriere, so kann ich sagen, dass group A nichemals so klingen würden, wie sie klingen, wenn wir uns nicht in Tokyo gegründet hätten. Ich sage das nicht, weil ich in Tokyo japanische experimentelle Musik gehört hätte, was ich nicht habe, ich habe ehrlich gesagt nie japanische Musik gehört, bis ich angefangen hatte, mit Sayaka zu spielen, mit Ausnahme der Tokyo Rockers (japanischer Post Punk aus den späten 70ern). Ich glaube in Tokyo gibt es einfach dieses Feeling, dass du machen kannst, was du gerade willst, oder zumindest war ich gerade in so einer Stimmung, als wir anfingen.

Sayaka: Ich fing ja mit der Musik erst an, als wir nach Tokyo zurück gigen, so war ich also in London noch eine reine Höhrerin. Das Leben in London hat mich zu einer Person mit einem breiteren Horizont gemacht, u.a. durch die chaotische Situation der Einwanderung, und es hat mich auch dazu gebracht, viele Schichten hinter einer Szenerie zu sehen. Ich würde sagen, dass das schon sehr viel zum schöpferischen Prozess beigetragen hat.

In manchen Ländern gibt es in diversen Subkulturen eine starke lokale Identität, bezogen auf ein regionales oder urbanes Umfeld. Ich weiß nicht, wie stark dies in Japan bzw. Tokyo ausgeprägt ist, aber habt ihr euch jemals als eine ”lokale” Band gefühlt?

Tommi: NIEMALS. Wie gesagt habe ich mich noch nie irgendwo zugehörig gefühlt, und das hat sich seit meiner Kindheit nicht mehr geändert. Ich habe dieses “lokale” Gefühl überhaupt nicht. Ich fühle mich immer sehr anders als irgendwer in Japan. Deshalb habe ich group A auch nie als lokale Band in Tokyo betrachtet.

Sayaka: Gar nicht. Ich ziehe es immer vor, kein Partisan zu sein.

Was steht bei euch mehr im Vordergrund, das Schreiben und Aufnehmen der Musik oder die Performance? Fühlt ihr euch mehr im Studio zuhause oder eher auf der Bühne?

Tommi: Beides. Auf einer Bühne zu stehen ist für mich eine Aufführung, nicht bloß das Wiedergeben von Musik. Das Studio fühlt sich an wie ein Zuhause, die Bühne wie ein Ort für unser Ritual.

Sayaka: Ehrlich gesagt habe ich mich nie als Komponistin oder Performerin gefühlt, ich probiere nur aus, was ich oder wir fühlen, denken, fragen – entweder im Studio oder auf der Bühne. Ich liebe den Vorgang des Songschreibens, aber auch das Livespielen, eine ganze Welt entstehen zu lassen und die Erfahrung an das Publikum weiterzugeben.

Hat eure Kostümierung auf der Bühne mit so etwas wie einem Rollenspiel zu tun?

Tommi: Nein.

Ist der Stil des Kostüme allein eure eigene Kreation, oder gibt es Bezüge zu japanischen oder anderen kulturellen Traditionen?

Tommi: Ich bin auf jeden Fall inspiriert von traditionellen Ritualkostümen aus aller Welt, aber unsere Sachen sind nicht speziell auf eine davon bezogen.

Sayaka: Es bezieht sich in erster Linie auf unsere Musik, der Schlüssel sind zwei mit einander im Konflikt stehende Wörter – primitiv und electronisch.

An der Stelle könnte man jetzt auf die vielen Stereotypen eingehen, die Europäer von der japanischen Kultur haben, von der traditionellen “Kirschblüten”-Exotik bis zu Mangas und all den postmodernen Klischees über Japan als einer Kultur der Extreme, und darauf, wie nervig und zugleich witzig solche Vorstellungen sind. Doch selbst mit einem intellektuellen Metalevel wärt ihr immer noch das exotische Objekt und wir die mit der Deutungsmission. Mich würde viel mehr interessieren, welche Stereotypen Japaner über Europa haben. Welche Klischees könnte ich bedienen, wenn ich in euer Land käme?

Tommi: Das ist schwer, denn wir leben jetzt schon seit mehreren Jahrne in westlichen Ländern, und auch Tokyo ist ja eine internationale Stadt. Ich bin schon so sehr gewöhnt an europäische Kulturen.

Sayaka: Sogenannte Stereotypen oder Klischees sind bis zu einem gewissen Punkt sehr liebenswürdig.. Eine Flasche Sake unter einem blühenden kirschbaum zu trinken ist wahnsinnig schön und man kann dies nirgendwo so wie in Japan erleben. Romantik und das reiche kulturelle Erbe sind auch sehr liebenswürdige Klischees in Europa, denke ich..

Was könnt ihr über die Ideen hinter eurem neuen Album und über seine Entstehung sagen? Soweit ich weiß, wurde das gesamte Material live in der bekannten Konzertlocation “Soup” aufgenommen?

Tommi: Nachdem wir nach unserer ersten europa-Tour letzten Mai wieder zurück in Tokyo waren, dachte ich, wir sollten ein neues Album machen für die nächste Tour im September. Wir hatten ein paar unveröffentlichte Tracks, und so arbeiteten wir an weiterem Material, woraus sich ein Album machen ließ. Wir hatten nicht viel Zeit und auch kein großes Budget, da die erste Tour sich kaum rentiert hatte, aber gut, es war mehr eine Art Investition. So war eine Liveaufnahme die einzige Möglichkeit, das durchzuziehen, so konnten wir Eintrittskarten verkaufen und von dem Geld den Mix und das Mastering bezahlen.

Was ist eurer Meinung nach der Hauptunterschied zu früheren Veröffentlichungen?

Tommi: Das zweite Album war Fantasie und das dritte ist Wirklichkeit. Das erste Album hatte mehr etwas von einer EP mit gesammlten songs, die wir auf Konzerten spielten, und es gab da keinen besonderen gedanken dahinter. Für uns war das zweite Album eigentlich das erste, wir wollten die Leute in die innere Welt unserer Imagination führen. Ich studierte die Geschichte der japanischen Religionen, Shinto und Buddhismus, während meines Design-Studiums und war sehr davon inspiriert. Darüber hinaus wurde das dritte Album auch deshalb etwas anders, weil wir es im letzten Sommer aufnahmen, als es viele Auseinandersetzungen und Demonstrationen gegen die japanische Regierung gab und ihren Plan, die Streitkräfte auch finanziell aufzustocken. Es war das siebzigste Jubiläum des endes des Pazifikkrieges, und während wir feierten kam plötzlich die Angst, dass unsr Land wieder in eine Krieg ziehen könnte.. Dieses Gefühl der Angst und v.a. Wut ist sehr stark in das neue Album eingeflossen.

Ihr sagtet einmal, dass ihr recht unerfahren seid, wenn es um das Erzeugen von Beats geht, weswegen ihr oft sehr spontan herumexperimentiert und Effekte verwendet. Wie habt ihr die starken Rhythmen z.B. in ”Liar Lier” und ”Suffocated” erzeugt?

Tommi: Ich verwende nur billige Drummachines und ebenso billige Gitarrenpedale für die Effekte. Ich hab kein Geld, und das trägt sehr dabei, dass ich “experimentell” bleibe. Plus dass ich nicht viel Ahnung habe von Frequenzen und Equalizing, weshalb unser Sound vielen, die von solchen Dingen was verstehen, sicher etwas zu viel ist. Das kümmert mich aber nicht.

In ”Liar Lier” schreit ihr gegen die Politik an, früher hattet ihr Ausschnitte politischer Zeitungsmeldungen in eure Kostüme genäht und auf FB gibt es ein Posting über den Gegensatz von Krieg und Schönheit. Ist es euch ein Anliegen, eine gewisse awareness zu erzeugen?

Tommi: Ich denke, wir sind ziemlich politisch. Auch wenn das nicht unser Hauptfokus ist. Ich denke, wie sind prinzipiell so politisch wie jeder andere. Ich kann keine poetischen Lyrics über Liebe oder Träume oder Fantasie schreiben, ich habe keine Zeit für solche Dinge. Da wir Musik mit unserer Wut machen, haben die Dinge, die aus meinem Mund kommen, in aller Wahrscheinlichkeit etwas mit Politik oder mit sozialen Themen zu tun. Zugleich will ich aber die Leute nicht mit meiner Sichtweise beeinflussen oder jemanden mit meinen Worten engreifen, jeder hat eine eigene Meinung. In der Hinsicht sind wir nicht politisch. Ich lege meistens viele effekte über meine Stimme, so dass meine Worte nicht allzu sehr hervorstechen.

Die Stimmung eurer Musik ist sehr ritualistisch, sie ist konzentriert, stark und hypnotisch zugleich. Es gibt auch einen Titel ”Initiation”. Denkt ihr dass eure Musik auch eine Rite de Passage für das Publikum darstellen kann? Welche Energie wollt ihr übermitteln?

Tommi: Musik ist Ritual. Ob beim Hören oder beim Spielen, Musik reinigt meine Seele. Das ist alles, ich denke dabei nicht so viel.

Seid ihr an Ritual- oder Okkult-Theorien interessiert, oder seis ihr da eher intuitiv und spontan?

Tommi: Bides vielleicht. Ich interessiere mich für Rituale, es ist in jedem Fall faszinierend, aberich weiß nicht sehr viel darüber. Ich habe meinen eigenen Weg.

Sayaka: Es ist 2016 und wir leben in der wissenschaftlichen, rationalen modernen gesellschaft, aber wir haben nach wie vor unerklärte Phänomene in dieser Welt. Du gebrauchst deine Imagination, wenn du Musik machst. Die Imagination ist unerklärt und unanalysierbar. Die hypnotischen Wellen in der Musik sind das resultat und offenkundig unerklärt. Ich verstehe die Dinge auf dieser Art.

Ihr habt Shinto und Buddhismus bereits erwähnt, könnt ihr da noch etwas mehr zu eurem Hintergrund sagen, und wie groß die Rolle dessen in eurem Umfeld war?

Tommi: Sehr groß. Die Erziehung in Japan basiert meist auf Buddhismus und Shinto, denke ich. Auch meine Familie war stark buddhistisch, was bis vielleicht in die 90er hinein ziemlich üblich war. Esist nur die gute alte Zeit, wenn Leute immer noch den lange etablierten Gewohnheiten fogen, verstehst du? So hab ich so ziemlich all die Zeremonien nach buddhistischer oder shinto-Art mitgemacht, und das war das gute alte Japan, das ich liebte. Das hat sich nun so sehr geändert, und niemans schert sich mehr einen Dreck über diese schönen Dinge, v.a. in Tokyo. Es ist zu amerikanisiert geworden, zu internationalisiert. Zu schlecht.

Sayaka: Die meisten Japaner wachsen in irreligiösen (was nicht heißt unreligiösen) Familien auf. Bei Begräbnissen folgen wir dem Buddhismus und singen, wir beten sogar zum Buddha, wenn wir in einen Tempel gehen und führen Hochzeiten auf die Shinto-Art durch, beten zu Shinto-Gottheiten, wenn wir Schreine aufsuchen. Das ist mehr so etwas wie…Tradition, eher als Glaube. Ich bin in einer religiösen Familie aufgewachsen und habe mich selbst mit spirituellen Gedanken aufgebaut. Ich liebe die Ideen des Shinto – du bist eine Schöpfung deiner Vorfahren und der Natur. Und den polytheistischen Aspekt, es gibt viele Gemeinsamkeiten mit dem Animismus. Diese Religion inspiriert mich immer sehr stark.

Ihr seid vor kurzem nach Berlin gezogen und habt bereits ein paar Konzerte hier gegeben.. Welche Erfahrungen habt ihr bisher gemacht, und was denkt ihr, was diese Stadt so interessant für Musiker macht?

Tommi: Es ist der Himmel. Ich habe hier buchstäblich alles, was ich will, von der Dark Wave-Szene über die Nachkriegsarchitektur bis zu diesen köstlichen Bieren. Ich weiß nicht, was das hier so besonders macht, aber ich werde es herausfinden. Ich wette, die staatliche Unterstützung für Künstler sind eine große Sache, die sich sehr von der Situation in London oder anderen Großstädten unterscheidet.

Sayaka: Bis jetzt ist es wunderbar. Glücklicherweise haben wir nicht nur die Gelegenheit, reguläre Konzerte zu geben, sondern auch ein paar experimentelle Sessions. Was in Berlin so gut für Musiker ist: Die Musik ist so nah bei den Leuten und ihrem alltäglichen Leben. Die Leute sind sich darüber bewusst, dass Musik ein Teil ihrer Kultur ist und schätzen das.

Welches ist euer deutsches Lieblingsessen? Vermisst ihr Reis?

Tommi: Ja, ich vermisse Reis. Ich hab deutsches essen noch nicht richtig ausprobiert, ich würde gerne, aber es ist wohl ziemlich fleischhaltig. Deutsche Brotsorten sind gut, die mit Vollkorn, nicht die weißen. Aber ich glaube mein Magen verdaut die nicht so gut, deshalb esse ich sie eigentlich nie. Die Pommes sind gut. Ich bin eine Bierliebhaberin und kann jetzt die ganze Zeit deutsches Bier trinken.

Sayaka: Ich liebe deutsches Brot, das mit vielen Körnern. Ich vermisse den Geschmack von Sake mehr als den dampfenden klebrigen Reis!

Macht ihr zur Zeit noch andere Sachen neben group A? Sayaka, du hattest letztens Violinparts für einen Filmscore beigesteuert, wie ich hörte…

Sayaka: Manchmal nehme ich an Freeform-Sessions teil als Geigerin, oder ich mache DJ mit zwei Kassettendecks, spiele schräge Geigenparts für Kurzfilme. Und in unregelmäßigen Abständen bin ich eine hälfte eines Improv Analog Dance-Duos: Albino Botanic mit Albino Sound, einem Teinehmer der Red Bull Music Academy.

Tommi: Ich bin Grafikdesignerin und Fotografin.

Was steht als nächstes an?

Tommi: Ich möchte mich für eine Zeitlang ganz auf neue Sounds konzentrieren. Diese Welt und Wirklichkeit ist manchmal zu entäuschend, und Musik ist die einzige Sache, die mich nie betrügt. Hoffentlich bald ein neues Album. Ich würde gerne überall spielen, wo wir noch nicht waren, Höhlen, Strände, Wälder, Berge, old quarry stocks, Tiefgaragen, Leerstehende Häuser, Fabrikhallen, Brutalistische Bauwerke, alles mögliche.

Sayaka: Wir haben gerade unser eigenes Studio in Berlin eröffnet und angefangen zu jammen. es gibt Ansätze für neue Songs und die klingen ziemlich anders, als das, was wir sonst gemacht haben. Wir würden gerne ein neues Album auf Vinyl herausbringen, auch auf Tape.

Fotos: Wataru Futaya, Billa Baldwin, Andrey Bold, Hidemasa Miyake

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