GEOMETRICAL RAPE: The Multiple Personalities of the Meat

Dunkle Dronemusik mit verrauschtem Shoegazer-Sound gibt es heute wie Sand am Meer und in allen Formen und Farben. Dass die langen Dröhnorgien von verzerrtem Geschrei durchzogen sind und an wiederkehrenden Stellen zu einem derartigen Lärm anschwellen, dass man denkt, sie könnten sich schon im nächsten Moment als harsche Power Electronics entpuppen, ist dagegen rar. Das Tape „The Multiple Personalities of the Meat“  – Flesh hätte vielleicht noch besser gepasst – des Duos Geometrical Rape ist so ein Fall, und wenn man die beteiligten Musiker kennt, ist es auch kein gar zu großes Wunder.

Geometrical Rape wurde vor drei Jahren von dem Ritualdröhner Gianluca Martucci (Urna) und der Noisemusikerin Filomena Rubina (vom Projekt FeMale Fou) gegründet, um morbide und brutale Aspekte menschlicher Körpererfahrung auszuloten. Dabei stand weniger die Gewalt allgemein im Zentrum des Interesses, sondern allem voran Erotik und Sexualität – Dinge also, die auch ohne Gewalt einen heftigen Zugriff auf den Körper des anderen implizieren und dennoch eine Menge abseitiger Ideen und Handlungen mit sich bringen können.

Ein nach Gespaltenheit benanntes Album lässt ein zwielichtiges Klangbild erwarten, und in der Tat bleibt es nicht bei der stilistischen Ambiguität. In seiner meist eher ruhigen Gangart changiert „Multiple Personalities“ zwischen Entspanntheit und einer morbiden Kälte, die in ihrer frostigen Verhalltheit eher nordische Assoziationen hervorruft. Elektronische Spielereien und vereinzelte Stimmen mischen sich in die verrauschte, schabende Atonalität, und was als mysteriöses Murmeln anfängt, entwickelt sich peu a peu zu einem bedrohlichen Grunzen. Wenn Frau FeMale Fou dann noch fast nach Cranes-Art zu hauchen anfängt, wird klar, dass hier ein seltsamer Hybrid am Entstehen ist.

Rituelle Monotonie, hölzernes und steinernes Gerumpel, verzerrte Instrumentaleinlagen auf traditionellen und rockigen Gerätschaften, viel Hall und eine kleine Überraschung für Sonic Youth-Fans zeigen die Schizowelt des fleischlichen Begehrens als undurchsichtige Parallelwelt, die desolat und schön gleichermaßen ist. Zudem als ein Terrain für alle, die es auch musikalisch eher undefinierbar mögen. (A. Kaudaht)

Label: Diazepam