Ungleiche Duette gibt es viele, doch Lucianno Lamanna und Luca T. Mai haben sich, wie es scheint, gerade zur richtigen Zeit zusammengefunden, um ihre so unterschiedlich gediehene Kreativität in eine gemeinsame Bahn fließen zu lassen. Lammana, dessen Wurzeln im Techno liegen, bewegte sich in seinen jüngsten Projekten immer mehr in experimentellen Gefilden, eine Wegmarke war das Split zwischen seinem Projekt Lunar Lodge und Mai Mai Mai. Der Saxophonist Mai, aufgewachsen mit Metal, Punk und Hardcore, hat in den letzten Jahren – auch mit seiner Hauptband Zu – immer mehr Interesse an feinsinnigen Strukturen gezeigt, die mittlerweile eine zweite Säule neben seinen altbekannten Freakouts darstellen.
Mit Divus haben die beiden eine gemeinsame musikalische Sprache entwickelt, die auf cinematische Soundscapes setzt, und trotz eines stilvoll reduzierten Klangdesigns auch an allen Ecken und Enden Raum für kleine Ausbrüche lässt. Zu Beginn, beim ersten der vier nummerierten Tracks, könnte die Reise noch beinahe überall hinführen – Techno, Improv, Ambient, IDM, Noise, wer weiß? Zu Behaupten, die anfängliche Frickelei habe von all dem etwas, wäre vielleicht ein bisschen übertrieben, illustrierte die Offenheit des Ansatzes jedoch ganz gut. Erst mit der Zeit kommt auch etwas Groove in die Gemengelage, und die quietschenden Bläserparts tragen immer mehr Mais Handschrift, wenngleich sein gar nicht räudiges Spiel hier klassischer wirkt als bei allen mir bekannten Arbeiten des Musikers: wie der smoothe Score zu einem dunkel ausgeleuchteten Neo Noir-Streifen.
Irgendwann holen einen die plastischen Sounds und so etwas wie verfremdetes Froschquaken aus der Träumerei in die raue Wirklichkeit zurück, doch der zweite Track ist weitaus dynamischer, als der Anfang vermuten lässt. In seiner statischen Rhythmik und der Aufgeräumtheit des Saxophonspiels erinnerst die Musik manchmal an das Debüt von Mais anderer Band Mombu, mit dem Divus auch das stetige Aufgreifen und Transformieren einzelner Motive gemein hat, doch das synthetisch verfremdete Saxophon und kleine, kantige Metallsplitter in der Oberfläche sprechen eine ganz eigene Sprache.
Was die insgesamt vier Stücke gemeinsam haben, ist das heimliche Spiel mit versteckten Details in der Oberfläche der grobkörnigen Struktur, mehr noch der subtile Widerstreit zwischen Chaos und Form, wobei letzteres hier ganz klar den Sieg davon trägt. (U.S.)
Label: Boring Machines