ANGÈLE DAVID-GUILLOU: Mouvements Organiques

Bei manchen Kompositionen ist es erstaunlich, wie stark eine ungewohnte Instrumentierung oder ein Aufführungsort den Charakter einer Musik verändern können. Angèle David-Guillou stellte bisher in den zur Veröffentlichung bestimmten Arbeiten das Piano, zuletzt hochwertige Flügel ins Zentrum des Geschehens, doch wie viele Pianistinnen interessierte sie sich auch für die Orgel und spielte bereits an besonderen Orten wie der Londoner Union Chapel.

Beim Improvisieren einiger Passagen ihres letzten Albums “En Mouvement” an eben diesem Ort faszinierte sie die Gestalt der Stücke in völlig veränderter Harmonie-, Resonnanz- und Hallsituation so sehr, dass sie sich für eine Neubearbeitung weiter Teile des Albums auf der dortigen Orgel entschied.

Den Hauptteil dieses Reworks nimmt eine Überarbeitung des Stückes “Vraisemblance” ein, das sich unter dem Titel “Mouvements Organiques” in drei Teilen über den neuen Longplayer erstreckt. Die eher gleitende Gestalt und der z.T. dem Hall geschuldeten chorartigen Obertöne kreieren eine derart andere Stimmung, dass es eine Weile benötigt, um David-Guillous Handschrift in den Melodien wiederzuerkennen, die sich in großen Intervallen verändern. Lang und von der Stimmung her feierlich entfalten sich die jeweiligen Abschnitte, die beiden zwischengeschobenen Tracks holen einen aus der Entrücktheit zurück, in die man allzu schnell entgleitet, wenn man sich auf den Zauber der scheinbaren Monotonie einlässt.

Diese Tracks, weit mehr als bloße Zwischenspiele, kommen leichter und beschwingter daher, was bei Orgelspiel nicht unmöglich ist und doch überrascht. Bei “Respiro” sind David-Guillous typische Melodiefolgen schnell ausgemacht, die Reminiszenz an einige Werke von Phillip Glass, die im Titeltrack von “En Mouvement” ins Auge fielen, sind auch in der Überarbeitung deutlich zu hören, doch alles wirkt samtener, die subtilen Veränderungen in Tempo und Fülle, die die Illusion von Statik und Symmetrie untergraben, ja selbst die wenigen spontanen Brüche wirken bedachter und weit weniger forsch.

Würde man “En Mouvement” nicht kennen, würde einem die Musik beinahe wie für “Mouvements Organiques” konzipiert erscheinen, so scheinbar natürlich fügt sich alles zusammen – das Wortspiel hat die Musikerin sicher nicht unbeabsichtigt in den Titel gepackt.

Label: Village Green