AMUTE: Some Rest

Ganz gleich, an welcher Stelle von „Some Rest“ man die Plattennadel ansetzt, man wird immer Zeuge eines eigentümlichen Schauspiels: Die tiefen Saiten eines Cellos, abstrakte Dronescapes oder leicht verwaschener Gesang verströmen eine Ruhe, deren einlullende Besinnlichkeit regressiv anmuten würden, wären sie nicht von einer deutlich spürbaren Aura der Ernsthaftigkeit umgeben. Doch die Ruhe hat einen doppelten Boden.

Mit der Zeit, vielleicht weil man es erst nach einer Weile bemerkt, ziehen sich unter der Oberfläche immer mehr kleinteilige Unruhefaktoren ab: Folkige Glocken, zu zittrig und unregelmäßig, um die Ruhe zu wahren, elektronische Hochtöner, die stören würden, wären sie lauter und vordergründiger, Spannungsmacher aus den Tiefen eines Pianos, Wehmütiges aus seinen hohen Tasten, das zu schmerzhaft klingt, um nur schön zu sein. Manchmal werden diese kleinen Disharmonien wie von Zauberhand vom ruhigen, bedächtigen Fluss der Klänge absorbiert und mit auf die Reise genommen. An deren Ende erklingen manchmal smoothe Trompeten, einsame Fanfaren, die die Grabesstille nach einem Showdown mit einer Melancholie ausfüllen, von der man nicht recht sagen kann, ob sie tröstet oder eine verzweifelte Trauer nur umso bewusster macht.

Manchmal jedoch müssen größere Hürden genommen werden, abrupte Brüche oder von rauschendem Lärm durchzogene Passagen, die sich fast unbemerkt ins Tableau schleichen und eine geradezu angsterfüllte Nervosität einbringen. Am Ende von „Some Rest“ jedoch, aber auch am Ende eines jeden Songs oder Abschnitts, mündet die Musik in ein friedvolles, beinahe pastorales Setting.

Jérôme Deuson, der seit fünfzehn Jahren als aMute elektroakustische Soundscapes produziert, betrachtet die rastlose Getriebenheit als zentrale Säule seines Schaffens, und mit dem vorliegenden Album setzt er dem Kampf mit dieser Getriebenheit nicht nur ein Denkmal, sondern versucht auch, seinen Frieden mit der Musik und seinem kreativen Drängen zu machen. Der ins Abstrakte aufgelöste Dreampopsong “Dead Cold”, einer der eingängigsten Momente des Albums und trotz aller Fragmentierung noch ein klassisch schöner Song, scheint den Kampf zwischen kreativer Unruhe und Erlösung am stärksten zu verkörpern. (A. Kaudaht)

Label: Humpty Dumpty Records