AGVIRRE: Silence

Wer sich vor der zunehmenden Verhipsterung des Black Metals sorgt, der sollte einfach bedenken, dass es für jede (Post-)Black Metal-Band, die auf Corpse Paint, satanische Texte und nicht entzifferbare Logos verzichtet, wahrscheinlich zwanzig “true” Undergroundkapellen gibt, die ihre verrauschten Demos auf Kleinstlabeln veröffentlichen, insofern sollte auch den nach der ersten Zusammenarbeit Werner Herzogs mit Klaus Kinski benannten und aus Manchester stammenden Agvirre, die den Zorn damit zumindest indirekt im Namen tragen, ein Ohr geliehen werden, denn ihre Debüt-EP ist eine starke Veröffentlichung.

Das Trio eröffnet “Silence” mit dem kurzen instrumentalen „Radio Silence (Fill in the_______)“, das aus Stimmen und Klangfragmenten besteht. Bei vielen mit “Post” apostrophierten Black Metal Bands merkt man, wie die verrauschten, fuzzy Gitarrenwände des DSBM passende Anknüpfungspunkte für Post Rock und Shoegaze waren und auch „Muzzle & Mask“ klingt, als hätten Godspeed You! Black Emperor ein Stück mit Xasthur eingespielt. Das sollte nicht den Eindruck des Epigonentums erwecken, denn auf dem zwölf Minuten langen Stück passiert unglaublich viel: Entmenschlichtes Kreischen und Blastbeats, dazu dichte Geigenpassagen und choralartige weibliche Backing Vocals, dann Momente des Innehaltens und elektronisches Pulsieren. Einem Interview ist zu entnehmen, dass ein Grund für die Bandgründung Depressionen waren und dies spiegelt sich auch in den Texten wider: „My endless worries are tangled wires/Gridlocked with nooses entwined/I gasp for air and drown within“. Das klingt zwar erst einmal dem Genre entsprechend, aber das Stück endet untypisch mit dem positiven Aufruf „You are not alone“, wobei die sich in Dissonanzen auflösende Geige diese Aussage zumindest partiell destruiert. Das ebenfalls lange „Abandonment“ knüpft musikalisch und textlich daran an: “I’ll hold onto these scars forever/Each one a painful reminder/You left me in eternal silence/Abandoned and left for dust”. Aber wie auch beim Vorgänger endet das Stück eher positiv, hier mit der klar gesungenen Aufforderung: “Take off the mask that squalors you/Take off the mask that squanders you/Your true voice lies beneath/Your true self lies beneath/Take off the mask that silences you”. Das klingt fast etwas zu sehr nach Selbstverwirklichungssprech, aber das kann man der Band nach dieser knappen halben Stunde, die durchgängig beeindruckt, durchaus nachsehen. (MG)

Label: Trepanationrecordings (CD) / Surviving Sounds  (Tape)