SIMON GRAB: Posthuman Species

Wäre der Begriff Konzeptalbum nicht so verbraucht, könnte man ihn auch für “Posthuman Species” verwenden, das der Schweizer Produzent Simon Grab mit Mischpult, Verstärker und diversen analogen Effekten auf produziert hat – zumindest implizieren die Titel der je nach Version elf oder dreizehn Tracks ein recht klares Narrativ. Angedeutet wird die Entstehung einer neuen Spezies, ihr durch vielfältige Transformationen vollzogene physiologische Entwicklung, die Herausforderung, die all das für den zwischen apokalyptischer Paranoia und dem Entgegensehen neuer Horizonte gefangenen Homo Sapiens bedeutet. Und zum Schluss die posthumane Wunderwelt, in der ein neuer, noch ungedachter Blick auf all dies entsteht.

Eines der Hauptmerkmale der Musik ist neben einer dublastigen Räumlichkeit das Feedback – fordernd und geradezu auf Störung aus schon zu Beginn, und doch eine klare Richtung innerhalb der stets veränderlichen und teilweise technoiden Noise-Welten mit ihren vertrackten Rhythmen und zwitschernden Sounds verweigernd. Das Neue ist da, und man weiß nicht, was es tut, fällt einem zu Tracks wie “The New Kind” ein. Das Unentschiedene, die Bewegung in die unterschiedlichsten Richtungen, die Verweigerung von Statik und Geradlinigkeit gleichermaßen kennzeichnet mindestens die erste Hälfte des Albums, wo alarmierende Hochfrquenzen für Hektik sorgen und rhythmische, dröhnende, fiepende Sounds durcheinander funken. Im Verlauf nähert sich die gewollte Inkohärenz jedoch immer mehr einer übersichtlicheren Struktur, und auch die Musik wird entspannter, ruhiger und heller.

Ob das nun eine utopische oder eine dystopische Perspektive ist, ob die posthumane Welt eventuell eine “schöne neue” im resignativsten Sinne ist, bei der alle Harmonie und Kohärenz nur Soma-indusziert ist, darüber muss ein über Andeutungen arbeitendes Werk wie dieses freilich schweigen, was u.a. seine Stärke und Relevanz ausmacht. (J.G.)

Label: -OUS