WILLIAM BASINSKI: Hymns Of Oblivion

Als 2006 „Not Alone“, die umfangreiche von Mark Logan und David Tibet kuratierte 5CD-Box, deren Erlös den Ärzten ohne Grenzen zukam, veröffentlicht wurde, fand sich auch ein exklusives Stück William Basinskis, was allerdings aus dem restlichen damals bekannten Werk herausstach. Nicht unbedingt wegen seiner Länge respektive Kürze, denn obwohl Basinski tendenziell die Langform vorzieht und einzelne Stücke auch schon einmal eine Stunde lang sein können, fanden sich zum Beispiel auf „Melancholia“ kurze Pianominuaturen. Nein, was das Stück so ungewöhnlich machte, war, dass es sich um einen Song im eigentlichen Sinne handelte (der dem elfteiligen Songzyklus „Hymns Of Oblivion“ entnommen war).

Damals wurde eine Veröffentlichung mit den zwischen 1989 und 1991 entstandenen Stücken angekündigt und es gab auch schon ein Cover, aber das Album erschien nie. Im Interview, das wir einige Jahre später mit William Basinski führten, meinte er, dass er vielleicht eines Tages das Material veröffentlichen würde, zwischenzeitlich gab es Videos, auf denen Basinski den Songzyklus, dessen Texte von Jennifer Jaffe des Installationkollektivs TODT stammten, in seiner New Yorker Performancespace, seinem Gesamtkunstwerk Arcadia  1991 aufführte, aber erst jetzt endlich sind die Studioaufnahmen offiziell veröffentlicht worden.

Mit dem von “Not Alone” bekannten „Because“ beginnt das Album: Vereinzelte Klaviertöne, Gesang voller Pathos. Hier wie auch auf einer Reihe der anderen Stücke ist Basinski stimmlich vielleicht gar nicht so weit von Billy MacKenzie entfernt. Das Titelstück beginnt mit synthetischen Streichern, Piano und einem markerschütternden Schrei: „I had to ask myself /like wounded light/like the hymns of oblivion/in agony, I had to ask myself/my mutilated memory“. Vielleicht wäre das Stück auf den Soundtrack von „Lost Highway“ nicht fehl am Platz gewesen.  „Within This Dark I Heard You“ ist eine von Keyboardflächen durchzogene Ballade und Basinskis getragener Gesang verkündet: „this lullaby will have to be our goodbye /i hope you’ll understand/you’ll always be my dream“. Vergleichen mit diesen Stücken ist das an Bowie erinnernde „The Glass of Gloom“ rhythmischer. Auf „A Ring Of Smoke“ ertönen eine gothische Orgel und E-Gitarre. Das rhythmische „Time“ endet mit einer langen dröhenden Ambientpassage, die vielleicht noch am ehesten an andere Arbeiten erinnert. Einer der Höhepunkte des Albums ist die melancholische Hymne „Where The World Ends“.

Basinski selbst schreibt von seiner „goth, Lestat phase“, aber die hier vorhandenen Momente des Pathos sind nie hohl und wer von einigen oder allen dieser Stücke nicht ergriffen ist, dem ist nicht mehr zu helfen. Alle Arbeiten Basinskis sind von einer Melancholie durchzogen, vielleicht sogar bestimmt, scheinen oft (auch) Meditationen über die Zeit zu sein. „Hymns Of Oblivion“ illustriert das im Rahmen von Songs, oder wie es auf “A Ring Of Smoke” heißt: “the ether/the Earth/the instruments of the Ancients/then the body falling/a ring of smoke” Es ist sicher kein sonderlich originelles Wortspiel, aber dass diese Songs, diese „Hymnen“ jetzt dem Vergessen entrissen worden sind, ist mehr als erfreulich. (MG)

Label: 2062