SERGIO CALDERÓN / CÉLI LEE: The Eternal Dice

Sergio Calderón und Céli Lee, die beiden in London lebenden Künstler, die in der Vergangenheit häufig unter dem Projektnamen MU aufgetreten sind, knüpfen mit “The Eternal Dice” an ihr vor anderthalb Jahren erschienenes audiovisuelles Werk “A Journal of Transform” an. Neben dem stärkeren Fokus auf die musikalische Seite – dem Vorgänger lag ein Buch mit Zeichnungen Lees bei – ist “The Eternal Dice” aber auch sonst weit mehr als nur eine Fortführung früherer Arbeiten.

Im Zentrum der acht Balladen, die diesmal definitiv mehr Songs als Soundscapes sind, steht diesmal nicht nur die einlullende und gleichsam hypnotisierende Mischung aus leicht angedröhntem Pop und sanften Jazzanleihen, die mehr als nur kleinen Spuren des Dark- oder Doomjazz genannten Ambientstils aufweisen, sondern Celis melancholisch anheimelnder, leicht nasaler Gesang. Die somnambule Stimmung, die sich aus dem Zusammenwirken all dieser Dinge ergibt, erinnert an die erschöpfte Melancholie von Edward Hopper-Szenarien mit ihrer versteckten Emotionalität.

Was diesmal höchstens unterschwellig zum Zug kommt, sind die auf dem instrumental gehaltenen Vorgänger so dominanten Soundscape-Elemente: kratzende, schabende Sounds, die sich bisweilen an der Schwelle zum Noise bewegen, rituelles Pochen und Bimmeln und vieles mehr, das zum traumwandlerischen Charakter der Musik beigetragen hat. Dieser findet sich aber auch in den neuen Stücken: Im leicht anheimelnden Groove der Gitarrenakkorde, die in den kurzen Intervallen des Auftaktes wie aus einer dunklen Höhle herausgestoßen werden und von aufgeregt flirrenden Streichern begleitet werden. In der verhuschten Melancholie der Jazzballade “Come To See Me Sometime”. Im sanften Zwiespalt des doppelbödigen “Untrue”. Im wehmütigen Dreampop von “The Northern World”, bei dem Lees Stimme und die smoothen Dröhnflächen sich durch das kratzige Wirrwarr der anderen Sounds ihren Weg bahnen.

Dass sich die sehnsuchtsvolle Emotionalität der Songs in betont zurückgenommener Form ausdrückt – durch eine gewisse Monotonie gebremst in Songs wie “There’s More to be Found” und durch eine coole Slideguitar in “April” – und gerade deshalb umso expressiver anmutet, ist ein Markenzeichen des Albums. Nur manchmal, wie im entrückten Höhepunkt von “Midnight Song”, wird alle Zurückhaltung aufgegeben und erstmals eine rauschhafte Parallelwelt angedeutet, in die einen die Strömung des finalen “Last Space Remaining” dann vollends zieht.

Label: Entertaining Violence