KRISHNAMURTI: Thought is your Enemy

Zwischen all dem Rauschen, Knacken und undefinierbaren Hantieren erkennt man sofort die Natur. Zwitschernde, zirpende und quakende Tiere drängen mit ihren Lautäußerungen zwischen die Klänge von Wasser und Wind und schaffen eine fast pittoreske Szenerie, und irgendwann scheint es, dass auch der Mensch den Schauplatz betritt und ein Streichholz zündet.

Alles ist und bleibt mysteriös auf dem Album “Thought is your Enemy” des neuen Projektes Krisnamurti, das die beiden italienischen Klangbastler Giovanni Lami und Lorenzo Abattoir (Lesern dieser Seite spätestens seit der Kollaboration mit Hermann Kopp bekannt) im letzten Jahr ins Leben gerufen haben. Benannt nach einem spirituellen Lehrer des letzten Jahrhunderts, der von Madame Blavatski in jungen Jahren zum Weltheiland ausgerufen wurde, und unter prominenter Nutzung einer indischen Ton- oder Shruti Box machen die beiden sich an die Ausarbeitung origineller Soundscapes.

Kurz nach dem (tatsächlichen oder vermeintlichen?) Auftreten des Menschen verändert sich die Szenerie des Openers “Nothing Beyond Mind”, der mit dem Titel des Albums in verquerer Korrespondenz steht. Wie eine unsanfte Böe wird die Musik dichter, schneller, aufgewühlter, elektrifiziert anmutende Rotationsbewegungen machen sich bemerkbar, und längst wirkt das, was als einfache Naturaufnahme begonnen hat, wie eine Kollage und für viele, die darunter nur ein Synonym für “entspannt” verstehen, auch nicht mehr meditativ. Aber all dies ist laut Titel sowieso nur Geist, und der wird zum Feind, wenn du ihn nicht zu beherrschen verstehst.

Ein repetitives Knacken, das den kehligen Geräuschen in Ju-On verdächtig nach kommt, leitet über in das bohrende, rumpelnde “Conversations”, das eine deutliche Nähe zum Industrial anklingen lässt und mit einer creepy Melodie ausklingt. Auch hier ist das Zirpen und Brummen der Natur zu hören, aber es ist beinahe versteckt zwischen monotonen Rhythmen und enervierendem Sinusfiepen. Das semi-noisige Klanggewand ist nun nicht mehr wenzukriegen aus den folgenden Stücken, lässt die ruhigere Gangart von “On Awareness” wie die Ruhe vor dem Sturm wirken, der aber nicht stattfinden muss, denn das ominöse Murmeln und die schritte im Split lenken das stücke in subtilere Gefilde. Eine wahre Schuttlawine leitet das abschließende “Meditation is Evil” ein, das mit einfachen Mitteln – Obertöne, die wie Schreie aus einer rauschenden Klangwelt dringen – eine zwiespältige Stimmung evoziert.

“Thought is your Enemy” überzeugt auch dadurch, dass es keine Längen entstehen lässt und ist allen zu empfehlen, die die neueren Arbeiten Rudolf Eb.ers mögen und sich solche Ansätze auch ohne die Gruselfaktoren vorstellen können.

Label: Ftarri