LLOVESPELL: That Summer There Was No Honey

Obwohl viele es versuchen, gelingt es nur wenigen, das oft so widersprüchliche Emotionsgemisch, das im New Wave der frühen 80er perfektioniert wurde, zu neuem Leben zu erwecken: eine hypnotisierende Monotonie, die resigniert und aufwühlend zugleich sein kann, eine Mixtur aus Klängen, Stimme und Worten, die oberflächlich betrachtet reduziert und kühl wirkt, bei genauerem Hinhören aber eine große Feinfühligkeit offenbart. Ich weiß nicht, inwiefern die Leipziger von Llovespell irgendetwas wiederbeleben wollen oder diesbezüglich überhaupt ein Konzept haben, und es ist auch nicht weiter von Belang. Auf ihrem aktuellen Longplayer „That Summer There Was No Honey“ jedenfalls verkörpern sie gerade die genannten Qualitäten auf beeindruckende Art.

Llovespell, trotz gelegentlicher Variationen ihres Namens nicht zu verwechseln mit den Postpunkern Lovespells, sind das Projekt von Stephan Spreer und Mandie Kunze und waren lange Zeit eines der Zugpferde des Labels Sonderübertragung!, das heute primär als Veröffentlichungsplattform für Antlers Mulm fungiert. Trotz ihres eingängigen und immer etwas verhuschten elektronischen Songwriterpop relativ obskur geblieben, sind die beiden ein interessanter Geheimtipp für alle, die sich in der Welt des melancholischen Pop ebenso zuhause fühlen wie in ambienten Klangwelten. Neueinsteiger, die ihre Färte aufnehmen, stoßen bei der Suche womöglich noch auf weitere interessante Acts wie Casia, die verblichenen Radio Eichenlaub oder Sunday Strain.

Die Songs des aktuellen Albums bewegen sich zwischen ambienter und rhythmischer Elektronik, die auch mit kleinen Sperrigkeiten nicht geizt. Das eröffnende „Straight up in Time“ beginnt als kristalline, hallumhüllte Klanglandschaft von der Entrücktheit eines Transmillenial Consortiums, doch rauschende und quietschende Sounds vermitteln schnell den Eindruck, dass sich hier Dramatischeres zusammenbraut, und ehe man sich versieht, hat der Track eine treibende Dynamik angenommen. In einigen Stücken wird diese aufgegriffen und zum Teil noch um einiges forscher ausgestaltet, so in „Burrowed Time“ oder im einige Stufen experimentelleren „Stay“, dessen zackige Takte mit einer grummeligen männlichen Stimme und Synthies, die an eine versteinerte Harfe erinnern, eine seltsame Melange bilden. Manchmal, wie in „Child in Red“, werden die Rhythmen mit entrückten Synthies und dem melancholischen Pop-Sopran der Sängerin kontrastiert. Oder sie ziehen sich in die Andeutungen eines leichten Knackens und melodischer Tupfer zurück, um den anmutigen Gesang in „Receip“ noch mehr in den Vordergrund rücken zu lassen. Beim Titelstück versinkt all dies im fast lärmenden Chaos der Fragmente, in dem selbst die repetitiven Stimmloops kaum noch als Worte erkennbar sind.

Heraus ragen m.E. Songs wie das zaghafte „I dream so quietly of you“ oder das sehnsuchtsvolle „Longing for Elsewhere“, bei dem der Gesang nur in eine sanfte Ambienthülle gepackt ist, vielleicht weil in diesen Songs der emotionale Kern des Albums am deutlichsten offenbar wird. (U.S.)

Label: Wrotycz Records / Symmetric Poetry