SIAVASH AMINI: A Trail Of Laughters

Bei einem Album voll derart düsterer Ambient-Soundcapes wie Siavash Aminis „A Trail Of Laughters“ liegt es nahe, sich das im Titel vorkommende Lachen als fieses, bedrohliches Gelächter vorzustellen. Oder als ein erloschenes Lachen, das nur noch eine dünne Spur in einem dunklen Raum hinterlässt, eine Spur, die ins Leere weist.

Abgründe des eigenen Vor- und Unbewussten sind immer wieder ein Thema des in Teheran lebenden Komponisten, sein aktuelles Album verarbeitet eine seit Jahren wiederkehrende Serie von Alpträumen, deren Schauplatz ein unterirdisches Labyrinth war. Den Anstoß, dies in seine Musik zu verarbeiten, gab jedoch die Lektüre des aus dem 12. Jahrhundert stammenden Book of Marvels von Muhammad ibn Mahmoud Hamadâni, in welchem – Freunde wiesen ihn darauf hin – an einer Stelle eine ganz ähnliche Szene wie in seinen Träumen beschrieben wird.

Auf „A Trail Of Laughters“ erweist sich Amini erneut nicht nur als Meister dunkler Szenarien, sondern auch als Virtuose des Unbestimmten und Unsicheren: Subtil und leise hallen hochtönende Klangwellen durch eine unbestimmbare Weite, unklar bleibt, ob sie sich wie Wind oder Licht auf einen zubewegen oder einen wie ein sanfter Sog fortziehen. Deutlich ist nur, dass sich etwas Dramatisches im Anflug ist. Seltsam folkige Details, die wie Akkordeon und Glockenspiel klingen, leiten über in schwere, fast doomige Passagen, unter sirrenden Streichern oder deren Simulation endet der Opener „The Oncome“ in einem weiträumigen Gegenzoom.

Auch im Verlauf finden die spannendsten Ereignisse unter der Grenze der oberflächlichen Wahrnehmung statt. In „Crocuta Crocuta“ breitet sich eine entspannte Klangfläche aus und scheint zum Abdriften zu animieren – ein Eindruck, der sich vielleicht schon als paralysierendes Trugbild herausstellt, bevor der hibbelige Alarmismus in den tieferen Klangschichten deutlicher wird und alsbald zu einer brechenden Soundlawine wird.

Auf eines zumindest kann man sich bei „A Trail Of Laughters“ verlassen, nämlich dass die unterschwellige Dramatik früher oder später auch im unterirdischen Dunkel deutlich greifbar wird, oft in starken Eruptionen, die sich schon am Beginn der jeweiligen Kompositionen ankündigen: Die fast reißerische Fanfarenmelodie, die in „Daniâl My Son, Where Did You Vanish?“ Fragezeichen in die Luft malt, entspringt ganz selbstversändlich den kernigen Drones und folkigen Glöckchen (und Flöten?), mit denen das Stück beginnt, und ebenso zwangsläufig münden die rhythmisch herausgestoßenen Rauschwellen in „Kaftâr-Khal“ in ein alles verbrennendes grelles Licht. Der Titel bedeutet übrigens “Pfad der Hyänen” und entstammt besagtem Buch. Vieles deutet darauf hin, dass es unsichtbare Schichten in der Musik gibt, die sich mit der Lektüre zumindest ein Stückweit erhellen könnten.

Dass der Musiker in fast allen Etappen dieser Höllenfahrt eine gewisse Harmonie wahrt, gibt „A Trail Of Laughters“ quasi eine Brise Trost mit – was nichts daran ändert, dass dieses Album eines der wenigen Ambientwerke darstellt, die das Attribut „kathartisch“ verdienen. (U.S.)

Label: Room40