Der Hamburger Asmus Tietchens schätzt Serien, man denke etwa an die auf inzwischen sieben Teile angewachsene Mengenreihe. Auf den Alben der “Seuchengebiete”-Serie finden sich sogenannte Hydrophonien, Stücke, deren Basis das Geräusch von tropfendem Wasser ist. Der erste Teil erschien 1985, sechs Jahre später folgte Nummer zwei, 1997 auf Donna Klemms Label Artware Nummer drei. Schon in einem Interview im Jahre 2007 sprach Tietchens davon, an neuen Hydrophonien für einen vierten Teil zu arbeiten, jetzt erscheinen sechs neue Aufnahmen auf Auf Abwegen.
Auf„Hydrophonie 21“ scheint Wasser in einer Höhle zu tropfen und zu (ver)hallen, im Vordergrund blubbert es, während im Hintergrund seltsam-melodische Flächen zu hören sind. Dann scheint Wasser ausgeschüttet zu werden und zu fließen. Dem Track wohnt eine leichte Unruhe inne. Die nicht nur numerisch, sondern auch auf dem Album darauf folgende Hydrophonie nimmt diese Bewegung zurück, ist tastender, reduzierter, minimalistischer. Zum Teil klingt das Fallen der Tropfen so, als zupfe jemand einen akustischen Bass. “Hydrophonie 24″ hat einen leicht metallischen Klang, ist vielleicht- etwas verkürzt gesagt- mit durchaus dissonanten Momenten das industriellste Stück auf diesem Album. Dagegen scheint “Hydrophonie 26″ zurückhaltender und weniger unruhig zu sein. “Hydrophonie” 32 hat einen leicht ambient-sakralen Charakter und ist der vielleicht atmosphärischste Track auf diesem Album. “Hydrophonie 27″ beginnt fast kaum wahrnehmbar, dann hört man entfernte, kristalline Momente, als würden Vögel zwitschern.Was klar gewoden sein sollte, ist, wie unterschiedlich trotz gleichen Ausgangsmaterials die einzelnen Stücke sind.
Über die Jahre ist Tietchens immer sehr konsistent darin gewesen, wenn er über die (nicht vorhandene) “Botschaft” seiner Musik gesprochen hat. Schon 1991 meinte er: „I don’t try to create moods with my music, and I don’t try to tell stories, and my music doesn’t carry any message except an aesthetic one (now and then). Mostly my pieces are formalistic exercises, or better, the results of formalistic exercises. Music shall be no more than itself. Absolute Music.“ In einem jüngst erschienen Interview wird diese Haltung noch einmal klar artikuliert: “’Absolute Music’ is not connected with any political, spiritual, ideological or educational intention. The listener is totally free for his own impressions, feelings, possible pictures and thoughts when listening to ‘Absolute Music’. To me that is total freedom of perception. I am no teacher, no philosopher, no scientist – why should I intrude my thoughts on any other human being? I always try to let the music speak for itself. That should be enough.“ Dennoch darf auch auf diesem Album das obligatorische Cioran-Zitat natürlich nicht fehlen: “Der zügellose Optimismus hält der geringsten und bedeutungslosesten Offenbarung der menschlichen Natur nicht stand.” (MG)
Label: Auf Abwegen