JUSTIN HOPPER / SHARRON KRAUS: Swift Wings

Sharron Kraus hat in den vergangenen Jahren ein beachtliches Oeuvre an verschiedensten Spielarten des Folk veröffentlicht. Sie selbst verortet ihre Songs thematisch wie folgt: “Her songs tell intricate tales of rootless souls, dark secrets and earthy joys“. Neben ihren Soloveröffentlichungen erschienen auch immer wieder Zusammenarbeiten mit anderen: So nahm sie etwa zusammen mit Gillian Chadwick als Rusalnaia zwei Alben in “einem oftmals folkrockigen Gewandt und [...] gelegentlichen fuzzigen Eruptionen” auf, mit Harriet Earis vertonte sie „winter songs“. Dabei verließ sie in den letzten Jahren auch immer wieder das Songformat, spielte etwa mit Michael Tanner  Soundscapes ein.

Mit dem Autoren Justin Hopper (u.a. „The Old Weird Albion“) arbeitete sie schon auf der Ghost Box-Veröffentlichung „Chanctonbury Rings“zusammen, “poetical, autobiographical and psychogeographical account of his experiences at Chanctonbury Ring on the West Sussex Downs” und auch “Swift Wings”, die neue Zusammenarbeit der beiden, ist wieder konzeptionell dicht ausgefallen. Auf dem Album vertonen die beiden Gedichte des englischen Autors Victor Neuburg, der u.a. Dylan Thomas verlegte und Alistair Crowley verfiel, mit dem er unter dem magischen Namen Frater Omnia Vincam in der algerischen Wüste die Entität Choronzon heraufzubeschwören versuchte. Für das vorliegende Album bzw. die zugrundeliegenden Texte spielt The Great Beast aber keine Rolle bzw. höchstens als Negativfolie, denn das schmale Gedichtbändchen “Swift Wings” beschäftigte sich primär mit der Landschaft von Sussex, wo Neuburg frisch verliebt im Haus seiner Tante in Steyning lebte. Im Begleitext heißt es, diese Region sei eine „new spiritual landscape” geworden, die dort von ihm wahrgenommene “Magie des Lichts” habe dazu geführt, dass er sich “frei” gefühlt habe. Es ist wahrscheinlich auch ein (nicht nur) atmosphärischer Unterschied, ob man unter der sengenden Sonne Algeriens Dämonen beschwört oder aber verliebt auf die South Downs blickt.

Dies alles spiegelt sich auch in der musikalischen Umsetzung wider: Das ganze, recht kurze Album – die insgesamt acht Stücke sind zwischen zwei und dreieinhalb Minuten lang -  ist tatsächlich geprägt von einer Leichtigkeit, einer Unbeschwertheit und die meisten Stücke haben einen fast schon pastoralen Charakter ohne aber dabei jemals verkitscht oder eskapistisch zu klingen. Justin Hopper rezitiert die Gedichte, zum Teil zusammen mit Sharron Kraus, die mal singend, mal flüsternd zu hören ist. Auf dem Eröffnungsstück “Ivory” hört man beide zusammen, untermalt von Streichern und Flöte. Auf dem “Orchard Songs” hört am Kraus lachen, während Flöte und Synth für eine unbeschwerte Atmosphäre sorgen. Im “Frenchlands” rückt die Flöte ins Klangzentrum, auf “Rock Pool” sorgen die Synthklänge für entrückt-kristalline Momente. Das abschließende “Rottingdean” überrascht durch den Einsatz von Schlagzeug.

Wer sich näher mit Neuburger und seinem Verlag The Vine Press beschäftigen möchte, der kann das  mit dem demnächst bei Strange Attractor Press erscheinenden Band “Obsolete Spells” machen, der von Hopper editiert wurde. (MG)

Label: Nightshade Records