Was einen in “Zephyrs, Streams, Birds, and Bees” als erstes in Bann zieht, ist die helle geloopte Frauenstimme, die irgendwann aus dem Bett einer pulsierenden Synthielandschaft auftaucht und wie kleine Tupfer kurze Silben in simplen Tonfolgen repetiert. Bald kommt ein Chor männlicher Stimmen hinzu, die in anderen Tonfolgen und mit anderen Lauten etwas ganz ähnliches machen, und den ganzen etwas Dialoghaftes, aber auch einen klassischen, liturgischen Zug geben.
Mir ist nicht bekannt, ob diese Stimmen gesamplet sind oder von einer KI genereirt wurden, zusammen mit dem restlichen Soundmuster jedenfalls erinnert das Ganze ein wenig an Michael Nymans Peter Greenway-Soundtracks, aber auch an elektronischere, subkulturelle Varianten der Minimal Music wie Elijah’s Mantle oder Christopher Chaplin. Dass es sich hierbei um ein neues Album von Jeff Düngfelder alias Ümlaut handelt, wäre mir wahrscheinlich nicht sofort in den Sinn gekommen.
In seinen Liner Notes berichtet Düngfelder, dass die Musik zu dem Album recht spontan zustande gekommen ist, nach einem beschaulichen Morgenspaziergang entlang eines Flusses und eines alten Kanals, wahrscheinlich in seiner Heimat im ländlichen Connecticut. Ohne schwerwiegende Konzepte im Hinterkopf kamen ihm die Worte des englischen Romantikers John Keats in den Sinn, die er für den Titel auswählte. Als er seine dort gewonnenen musikalischen Ideen umsetzte, verbuchte er das ganze als einen Versuch, neue musikalische Wege zu erforschen, um eine friedvolle Ruhe zu kultivieren.
Die sieben lediglich durchnummerierten Stücke auf “Zephyrs, Streams, Birds, and Bees” bewegen sich ziemlich weit weg von den von allerlei Unberechenbarkeiten geprägten labyrinthischen Kompositionen, die auf den bisherigen Ümlau-Aalben zu finden sind, und erkunden stattdessen vordergründig simple, eingängige Wege, setzen auf kompakt anmutende repetitive Muster und eine starke Hypnotik. Ereignislos sind die Kompositionen aber keineswegs: Das elektronische Fundament, dass in unterschiedlichem Tempo, in unterschiedlichen Melodien und in Klangfarben von unterschiedlicher Helligkeit immer wieder neue Muster webt, spielt bisweilen mit Reminiszenzen an klassische oder barocke Instrumente, weiß mal wie eine Orgel (oder auch eine Jahrmarktsorgel) zu klingen und an manchen Stellen – wenn das nicht eine Fata Morgana im Geist des Hörers ist – wie ein Cembalo. Die weiblichen und männlichen Stimmen haben in jedem der Stücke ihren Einsatz, variieren ihre repetitiven Silbenfolgen sprachlich und melodisch, lassen es von Zeit zu Zeit zum Stakkato kommen. Manchmal verschmelzen sie kurz zu einer scheinbaren Einheit oder treten in den Dialog zueinander, bisweilen lassen Sie zusammen mit den anderen Soundkomponenten, in Momenten starker Zusammenballung, ein schwindelerregendes Gefühl entstehen.
Was das Ganze aber wie ein roter Faden durchzieht, ist das Gefühl einer ganz natürlichen und fast selbstverständlichen Harmonie, die noch lange nachwirkt. (U.S.)