Rauschende und schleifende Sounds geleiten einen zunächst auf eher subtile Art in einen dunklen, zwiespältigen Kosmos, der den Schauplatz von The Floating Worlds “Impermanence” bildet – ein Kosmos, in welchem vermutlich als erstes ein apokalyptischer Grundtenor auffällt, vor allem dann, wenn die schwere, mit dem Bandnamen nur schwer vereinbare Gitarrenwucht einsetzt und dem ganzen einen geradezu doomigen Charakter verleiht. Und solche Momente sind nicht selten, machen fast schon den Löwenanteil das Albums aus.
Amanda Votta, die The Floating World zusammen mit dem Schotten Grey Malkin betreibt und für “Impermanence” noch den Fastgittarristen Roy K. Felps ins Boot geholt hat, begann mit der Arbeit an dem Album 2020 unter dem Eindruck der einsetzenden Pandemie und der vielfältigen Unterbrechungen, die diese hervorbrachte. So viele alltägliche und als selbstverständlich betrachtete Geräusche und weitere sinnliche Phänomene setzten aus, machten einer Stille Platz, die das geisterhafte Weitererscheinen der Geräusche nur umso deutlicher hervorscheinen ließ, wie weiße Köpfe in der Finsternis. Und dann brachten die vielfältigen Pausen auch die Möglichkeit, all die Verfallserscheinungen deutlicher zu sehen, für die man im Business as usual schon betriebsblind geworden ist: all den Decay, den eine ausbeuterische und unsoziale Politik und Ökonomie zu verantworten hat. Das Album entstand unter dem Eindruck all dieser Beobachtungen, über die in der Musik unter dem Einsatz verzerrter Feldaufnahmen von Fabriken, den subtilen Geräuschen leerer Straßen und allerhand zerbrochene und verstimmte Instrumente mehr meditiert als reflektiert werden soll.
Wollte man die Stimmung und die wesentlichen Mechanismen des Albums in kurzen (und natürlich verkürzten) Worten auf den Punkt bringen, so könnte man sagen, dass eine dunkle, fatalistische Atmosphäre weitgehend prägend ist und dass man doch, was den Verlauf und die Richtung der einzelnen Stücke angeht, nie erraten kann, was in der nächsten Minute passieren wird. Diese Unberechenbarkeit ist natürlich auch ein Aspekt der im Albumtitel genannten Vergänglichkeit.
Gleichwohl man das Album als ein Werk wie aus einem Guss betrachten kann, stechen einige der Tracks besonders hervor, zu den vielstichtigsten Stücken zählen die aufeinanderfolgenden “The Secret Thing” und “Entangled time”. Ersteres – ein Stück, das wie geschaffen scheint für den Ritualteil in der Playlist für einen dunklen Club – startet mit einem elektrifizierten, fast dublastigen Soundhagel, bevor es im Untergrund deutlich zu brummen und zu dröhnen beginnt. In der Tiefe angenommen angekommen, wundert man sich vielleicht über die spontan herangeschwebte Ambientfläche, die einen kurz darauf wieder empor hebt. Letzteres, von einem geheimnisvollen Flüstern eingeleitet, lässt erstmals Amandas Hauchgesang den vorderen Bühnenrand einnehmen, während Eispickeltakte und erneut fatalistisches Brummen die dunkle Materie nach vorn, zu einem beweglich verzerrten Höhepunkt treiben, der einen an Ain Sophs noisigere Stücke wie “Monsalvat” denken lassen.
Manche Stücke wie z.B “Presence” lassen einen merklich im Unklaren über die stattfindenden Soundeeignisse und ihre Quellen, man denkt bei den melodischen Hochtönern an klingende Metallbarren und das Rauschen und der heißere Windhauch könnten glatt auch von einer Stimme kommen. Wessen Präsenz ist man hier ausgesetzt? Ein Eindruck von Geisterarbeit, der sich schon in dem vor wenigen Monaten erschienenen Album von Deep Fade abzeichnete und der sich generell oft in Werken von und mit Grey Malkin findet, stellt sich ein. Allenthalben begibt man sich auf falsche Fährten, z.B wenn man der ruhigen Geerdetheit des angenehm schummerigen Lichtes in “Endless/ Halcyon / Nothing” folgt und sich dann doch in einer eher rauen Umgebung wieder findet. Bei “Immaterial Existenc” scheinen mit den vibrierenden Synthieflächen die vielleicht griffigsten und plastischsten Sounds auf der Bildfläche, wie um zu demonstrieren, dass die Stofflosigkeit vielleicht die stärkste Substantialität aufweist.
Nach dem kreisend metallischen Dronesetting in “Dislocation” verweigert das Album auch in seinen finalen Momenten jedes Gefühl eines Angekommeneins. Gibt sich “Destroyer” fast noch geradlinig mit seiner hauchigen Stimme und den röhrenden Seiten, so ist das abschließende “After Life” fast schon so etwas wie eine Feier der Ambiguität: Leises Singeln und Klingeln kontrastiert genial mit einer vordergründigen, fast schrillen Dröhnung, von fatalen Pauken wird die schwebende Stimme durch eine Welt getrieben, in der himmlisches Bimmeln ebenso seinen Platz hat wie das rumoren unkenntlicher abgründiger Geräusche.
Ohne jemals vage (im Sinne von unmarkant) zu sein, verdankt “Impermanence” sehr viel seinem fragenden, oft betont unentschiedenen Charakter der immer wieder neue Stimmungswelten öffnet und sich seinem Thema so auf einzigartige Weise nähert. (U.S.)
Label: Fiadh Productions