HIJOKAIDAN: King of Noise

Wenn die Pioniere des (un)gepflegten Lärms schlechthin ein Album “King of Noise” nennen, fieseste Tracktitel verwenden und sich dabei bei aller Entgrenztheit keinen erratischen Moment leisten, kann nur ein Klassiker daraus werden, und folglich wurde das 1985 beim hauseigenen Alchemy-Label herausgekommene Werk auch immer herangezogen, wenn es um essenzielle Wegmarken der noch heute aktiven Noiseveteranen aus Kyoto ging.

Dabei zählt “King of Noise” noch zu den kompakteren und übersichtlicheren Alben Hijokaidans, und am Entstehungsprozess waren damals auch nur – abgesehen von Junko, die auf Discogs als Zuschauerin im Studio genannt wird – Jojo Hiroshige an der Gitarre und Incapacitant Toshiji Mikawa beteiligt, der alles beisteuerte, was rumpelt, dräscht, lärmt, quietscht und keift.

Trotz allem geriet das Zusammenspiel von sirenenartigen Schmerzensschreien, ohrenbetäubendem Feedback und monoton jaulenden Gitarrensoli immer wieder äußerst dicht, so dass man schon hier die gerne benutzte Vokabel der Wand verwenden kann. Im weitesten Sinne psychedelicher Hardrock ist immer eine Referenz, v.a. in den Passagen, in denen nur Gitarre und zischelnde Becken zu hören sind, doch durch die Verweigerung auch nur des geringsten Songelements und durch das zermalmende Gedresche des Schlagwerks scheint dieser nur in derangiertester Form durch – als Noiserock in seiner konsequentesten Art fernab jeder chicen Artschool-Attitüde. In anderen Momenten wird selbst dieser noch in Grund und Boden geschleift und so ad absurdum geführt

Nun wird oft schwadroniert von der nur noch historischen Relevanz solcher Phänomene in einer Zeit, in der sämtliche Tabus gebrochen, sämtliche Muster dekonstruiert und sämtliche Hauswände von Hanatarasch persönlich mit dem Bulldozer umgerannt worden sind. Vielleicht trifft dies aber auch nur auf die relativ geringe Zahl derer zu, die sich zu Noise und ähnlichen Dingen hingezogen fühlen, und der Verfasser dieser Zeilen hat wutschnaubende Konzertbesucher erlebt, die zufällig mit einer Darbietung konfrontiert waren, die ja “rein gar nichts mehr mit Musik zu tun hatte”.

Dann gibt es noch jene, die Noise ganz ohne weiteres Brimborium kulinarisch goutieren, und die dürfen sich besonders freuen, denn vierunddreißig Jahre nach der Erstveröffentlichung ist “King of Noise” erstmals wieder – fünfhundertmal und remastert – auf Vinyl zu haben. (U.S.)

Label: Fantastique Records