Tribute-Alben sind seltener geworden, was sicher auch daran liegt, dass die enorme Retrowelle, die sich schon in den 90ern ankündigte und im neuen Jahrtausend ganze Genres hervorbrachte, so langsam am Abebben ist und viele deshalb vor allzu deutlichen Referenzen zurückschrecken. Doch vielleicht ist dies ja gerade der geeignete Zeitpunkt, dem zwielichtigen Schwelgen in zitathafter Nostalgie eine Absage zu erteilen und stattdessen wirklich relevante Bezüge dezidierter aufzuarbeiten.
Ich weiß nicht, ob der apulische Saxophonist und Multiinstrumentalist Valerio Cosi die deutsche Band Popol Vuh als Idole bezeichnen würde – es gibt sie jedenfalls in zweierlei Form: Zum Einen solche, die derart durch vermeintliche Genialität und Charisma beeindrucken, dass der Fan versucht ist, all ihre Gesten und Manierismen zu imitieren, bis sich (im besten Fall) irgendwann das peinliche Gefühl eigener Substanzlosigkeit einstellt, das dann (im schlechtesten Fall der besten Fälle) schnell in ebenso fanatische Ablehnung kippen kann. Zum anderen solche, die inspirieren und anregen und doch von anderer Art sind als das, was man selbst idealerweise darstellen will.
Popol Vuh scheinen für Cosi wenn eher in die zweite Kategorie zu gehören, denn zwischen den sphärischen, oft weltmusikalisch angehauchten Werken der süddeutschen Krautrockband, bei der man „Rock“ gerne in Anführungsstriche setzen mag, und den alles in allem doch weniger entrückten Arbeiten des jungen Italieners gibt es doch zahlreiche Unterschiede. Die teilweise hauchdünnen Klangdecken Popol Vuhs hinterlassen oft einen Eindruck wuchernder Ornamentalität, Cosi daggen geht geradliniger, opulenter und expressiver zu Werke.
Wenn Cosi sich an einem Auszug aus der Musik zu Werner Herzogs „Aguirre“ versucht und seine Hörer mit dem Stoff einmal mehr auf warmen analogen Klangflächen davonschweben lässt, liegt ein Unterschied in der reduzierten Schwere – auf eine gewisse Art nimmt Cosi die regressive Note des Stücks ernster, indem er den meditativen Konzentration durch Tremolieren und verspielte Raumklangeffekte eine leichte Zerstreutheit entgegensetzt. Tracks wie „Hosianna Mantra“ von gleichnahmigen Album und gibt er mit seinem geschmeidigen Tenorsaxophon eine artifizielle Leichtigkeit, die sich gegen Dröhnen, Takte und Noiseansätze zunächst behaupten muss, um letztlich mit ihnen zu verschmilzen.
Die markantesten Interpretationen nimmt der Musiker an Stücken vom Debüt „Affenstunde“ vor, zum einen eine bunte, hypnotische Version des Titelstücks, zum anderen mit „Train Through Time“ einen mir bislang nicht bekannten Bonustrack, bei dem der scheppernde Klang einer Lokomotiv aus dem Original Verwendung finden und fast nowavige Vokalparts das Stück vor jeder Abgehobenheit bewahren. Alles in allem ein eigenständiger, jedoch nicht allzu verwegener Ansatz, der auf vierhundert schwarzen und hundert schwarz-rot melierten Scheiben zu hören ist.
Label: Dreamsheep Records