ALELA DIANE & WILD DIVINE: s/t

Alela Diane gehört zu den Folksängerinnen, die es recht früh verstanden, mit ihren eingängigen, bisher eher schlicht instrumentierten Songs auch ein Mainstreampublikum zu begeistern. Dafür heimste sie außer Lob auch schon mal harte Worte ein. Interessant ist dabei, dass ihre immer etwas gefällige Musik im klassischen Rock-Millieu (Rolling Stone) meist gut weg kam, während die Schelte aufgrund ihrer vermeintlichen “Posthippie Biedermeier”-Attitüde eher von der angegenderten Popfraktion kam.

Ich hatte mit der eingängigen Musik der aus Nevada City stammenden Jugendfreundin Joanna Newsoms keine Schwierigkeiten, vielleicht weil ich Folk zu den Musikrichtungen zähle, die unter gewissen Voraussetzungen auch in „schön“ funktionieren. Eine lange Halbwertzeit hatten ihre Songs allerdings auch bei mir nicht – abgesehen von Ausnahmen wie dem großartigen dionysichen Titelsong ihres frühen „The Pirate’s Gospel“-Albums. Oder die letztes Jahr erschienene Vinyl-EP zusammen mit Alina Hardin, die überraschenderweise wieder ein Stück back to the roots ging und auf den Fußstapfen von Helden wie Townes van Zandt wandelte. „Alela Diane & Wild Devine“ ist wohl über einen längeren Zeitraum hinweg entstanden, sozusagen nebenbei auf Tour, und vielleicht merkt man den Songs das Unstete und Vagabundische auch ein wenig an. Nichtsdestoweniger ist die gute Produktion aus der Werkstatt von Scott Litt (u.a. NIRVANA, R.E.M) etwas ernüchternd, ebenso die Tatsache, dass in Sachen Popqualität der Standard ihres bisher erfolgreichsten Albums „To Be Still“ noch einmal getoppt wurde, und die Bezeichnung Singer Songwriter mehr denn je angebracht ist. Der Namenszusatz ist im übrigen wohl primär ästhetischen Überlegungen geschuldet und bezeichnet ihr eigens für die Aufnahme zusammengestelltes kleines Ensemble.

„To Begin“ eröffnet das Album mit einem frischen 60s-Beat, dezent durchwirkt mit leichten Country-Zitaten und wie gemacht für einen nicht ganz so enervierend hippen Musiksender. Auch weitere Songs wie „Long Way Down“ und „Of Many Colors“ sind von solcher Gestalt, und stets ist es Alelas Talent, originelle Melodien aus dem Hut zu zaubern, das die Songs aus der Masse des ähnlich klingenden heraushebt. Auch ihre berühmten stimmlichen Purzelbäume hat sie beibehalten und gut in den neuen Kontext integriert. Am besten kommen diese Qualitäten allerdings in den getrageneren Stücken zur Geltung, die etwa ein Drittel des Albums beanspruchen und (trotz ihres bisweilen etwas heimeligen Charakters) ihre tief verwurzelte Vorliebe für Bluegrass und Rootsmusk durchscheinen lässt. Die lyrics haben weiterhin den narrativen, balladesken Grundtenor der früheren Alben, nicht selten wird an Abseitigem, Abgründigen gerührt.

Man sollte bei klassischer Americana kein Purist sein, und es ist nicht verwerflich, wenn Folk- und Countrymusiker in den letzten Jahren auf der Suche nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten sind. Neigen die jeweiligen Künstler ohnehin schon zu einem eher gefälligen Sound, kann die Hinwendung zu einem poppigen Instrumentarium dem Resultat auch einen Touch des beliebigen bescheren. Alela Diane geht einen ähnlichen Weg wie beispielsweise IRON & WINE, dessen Hang zum Experiment sie allerdings nicht teilt. Insgesamt schön und nett. Nicht weniger, aber auch nicht mehr. (U.S.)