SIX ORGANS OF ADMITTANCE: Asleep on the Floodplain

Ich erinnere mich noch daran, dass puristische Fans von SIX ORGANS OF ADMITTANCE gar nicht so begeistert waren von Ben Chasnys ersten Veröffentlichungen auf dem renommierten Chicagoer Drag City-Label. Vermutlich befürchtete man eine zu starke Hinwendung zu einem glatten und poppigen Indie-Sound, an dem die Band an einigen Stellen auch haarscharf vorbeigeschlittert ist.

Wenn man das von Six Organs behauptet, muss man allerdings dazu sagen, dass die entsprechenden Resultate durchweg kantiger und weit weniger anbiedernd ausgefallen sind, als bei unzähligen anderen Folkern der letzten zehn Jahre, denen man das erst gar nicht krumm nehmen würde, weil sie eben vom ersten Moment an trendy und nett und einladend klangen. Selbst ein Vorzeigewerk wie das doomige Song-Album „Shelter From The Ash“ ist letztlich eine respektable Schanierstelle zwischen experimentierfreudiger DIY-Attitüde und einer breitenwirksameren Psychedelia für die Lifestyle-Fraktion. „Asleep on the Floodplain“ schließt strukturell an den Vorgänger „Luminous Night“ an, zumindest insofern dass ein psychedelischer, soundscapiger Grundcharakter gewahrt bleibt. Der Hauptunterschied allerdings ist klangtechnischer Natur: Die neuen Aufnahmen entstanden fast im Alleingang in Chasnys Heimstudio und entbehren neben der Instrumentalbegleitung auch allen perfektionistischen Finessen.

Aus einem songorientierten Blickwinkel könnte man den Opener als ein aus den Fugen geratenes Intro bezeichnen – ein krautiges Gitarrenknäuel auf Chasnys charakteristisch bearbeiteten Saiten, die meist etwas lockerer gespannt sind als bei den meisten Musikern üblich. Ihre Bearbeitung erinnert (natürlich) an John Fahey, aber auch an jemanden wie Zak Riles (GRAILS) in Momenten ohne elektronische Verstärkung. Fingerübungen wie diese zählen zu den typischsten Momenten des Albums, vielleicht weil sie genau zwischen den beiden Extremen anzusiedeln sind, die „Asleep on the Floodplain“ seinen Charakter verleihen.

Da gibt es zum einen durchaus heimelige Augenblicke, meist in Form relativ kurzer Interludien, deren beinahe zu schöne Melodien auf der Akustikgitarre nur selten bereit sind, den Grundstock für so etwas wie Songs bereit zu stellen. Wenn es dann doch einmal passiert, ist die Stimme meist nicht zu sehr in den Vordergrund gemischt, was allem nostalgischen Sixties-Feeling vorbeugt. Experimentalismus als Masche, um dem Trivialen zu entgehen? Dafür erscheint mir Six Organs ein zu sehr von Leidenschaft motiviertes Projekt zu sein. Des weiteren gibt es Passagen, in denen das Klangmaterial vollends die Vorherrschaft über die griffige Form erlangt, zum Beispiel wenn ein minimales Gitarrenmotiv in Terry Riley-Manier bis hin zur Trance wiederholt wird, während sich eine amalgamierte Sampling-Kollage nach und nach zum puren Lärm verdichtet.

In solchen Momenten wirkt Chasny wie ein Schamane, der mit seiner Musik am Unbewussten rührt. Und so ist man bei Six Organs auch immer dann am ehesten auf Empfang, wenn man die Konzentration auf das bewusste Hören verliert und sich von der Strukturlosigkeit, aus der sich immer nur Ansätze poppiger und pastoraler Formen herauskristallisieren, wegtragen lässt. (U.S.)