THE SKULL DEFEKTS: Peer Amid

Wenn ein Album als musikalischer Drogencocktail angekündigt und im selben Atemzug mit SONIC YOUTH vergleichen wird, dann verheißt das nicht unbedingt einen angenehmen Trip. Thrill Jockey ging sogar noch einen Schritt weiter und sprach vom neuen Album der Schweden THE SKULL DEFEKTS als einer „Frustrationsablageplattform der düsteren Art“. Ich will nicht sagen, dass mich „Peer Amid“ als Gutelauneplatte überrascht hätte, aber die befürchteten Winterdepressionen blieben bislang aus.

Kollaborationen gegenüber waren die Herren Fagerström, Rylander, Huhta und Nordvall nie abgeneigt, wie einige Zusammenarbeiten mit WOLF EYES, PRURIENT und Carl Michael von Hausswolff bezeugen. Eine Ausnahmeerscheinung ist der neue Longplayer der Schweden aber dennoch – zum einen, weil die tatkräftige Unterstützung am Mikro von keinem geringeren als Daniel Higgs (optisch eine Mischung aus Karl Marx und Michelangelos Vision des Weltenschöpfers und bislang Sänger in einer Hardcoreband namens LUNGFISH) kommt und dem Album einen ganz markanten Stempel verpasst. Zum anderen weil die Band niemals einen derart dynamischen psychedelischen Crossover spielte. Nach einer im Verlauf des Albums mehrfach aufgegriffenen Urschreiübung geht das Quintett beim eröffnenden Titelsong gleich in die Vollen, was hier heißt, dass Higgs kehliges Tremolo und thrashige Gitarrenriffs einen funkig treibenden Stoner Rock zustande bringen, der eine Wut jenseits aller Frustration aufleben lässt.

The Skull Defekts haben eine Affinität zu ausgedehnten Wiederholungsfiguren und kreisförmigen Kompositionen, lieben die Dröhnung ohne diesmal wirklich Dronemusik zu spielen, und finden mit ihrer Kombination aus Rock, indischen Einflüssen und dem Minimalismus der 60er ihren eigenen Stil fern ab von allem Entspannenden, das man mit dem Vorzeigelabel „Psychedelic“ so gerne assoziiert. „Peer Amid“ ist in erster Linie eine dynamische, erhebende Angelegenheit. Dennoch, Momente, in denen die Schicksalsschwere des Doom in das rund 50minütige Kraftpaket hereinbricht, gibt es durchaus. „Gospel of the Skull“ beispielsweise, bei dem Higgs Gesangsbeitrag besonders gut zur Geltung kommt. Wer seine Soloaufnahmen kennt oder schon mal in den Genuss eines seiner Konzerte kam, der weiß um die mitreißende Wirkung (und auch um die gewollt komischen Effekte) seiner repetitiven Songs mit epischen Ausmaßen – schön zu wissen, dass das auch mit einem satten Rockinstrumentarium funktioniert. Auch das infernalische „The Silver River“ mit weiblichen Backing Vocals und einer Walze aus Metalgitarren lebt vor allem von Higgs Predigerstimme und seinem mantraartigen Vortrag.

Verspielte Rhythmen, funkadelisches Soundchaos, dumpfes Grollen im Hintergrund. Kehliger Gesang, der mitunter ganz ohne Text auskommt, ein Wilder am Saxophon – ein gefährlicher Cocktail ist „Peer Amid“ durchaus. Lenkt die Wut in die richtigen Bahnen. (U.S.)

Label: Thrill Jockey