ROZZ WILLIAMS / PREMATURE EJACULATION: Body of a Crow

Die (Wieder-)Veröffentlichung von Rozz Williams’ „Lost Recordings” geht in die fünfte Runde. Unter dem Projekttitel The Happiest Place on Earth (der natürlich an Disneyland anspielt) 1986 auf Tape gebannt, knüpfen die von Williams und Chuck Collison gemachten Aufnahmen nahtlos an Premature Ejaculation-Tracks an. Auf „Body of a Crow“ finden sich 26 kurze Stücke, die wieder stark loopbasiert sind. Viele Tracks kombinieren eben diese Loops mit simplen Bassmotiven und Sprachsamples, durch die ein Moment der Wiederholung unabdingbar ist: Ewige Wiederkehr des Gleichen, die Unausweichlichkeit der Gräuel, die in endloser Variation wiederholt werden. Die sich auf der Rückseite befindende Widmung „To those unknown and uncounted persons, prematurely deprived of life by malicious assault, and whose assassins have gone unpunished___” ist wenig ambivalent, in Verbindung mit dem Cover eine wütende Anklage gegen das Wüten des Menschen gegen seine eigene Spezies. „Bloodied walls (time)“ enthält verzerrten Sprechgesang, der aber nicht von Williams selbst zu stammen scheint, „fall (the wayside)“ erinnert an SPK zur Zeit von „Leichenschrei”. Trotz gewisser Schockeffekte (Schreien, Störgeräuschen; exemplarisch ließe sich „did the doctor give you a pill?“ nennen) ist aber ein Merkmal von Williams’ experimentelleren Arbeiten, dass der Schock, die Transgression oftmals eher über das Visuelle als über das Aurale transportiert wird, die Stücke selbst eher eine unbehagliche Atmosphäre, ein Ambiente des Unwohlseins schaffen und im Gegensatz zu Tracks zeitgleich agierender britischer Power Electronics-Projekte bar jeder Kraftmeierei sind. Dadurch klingen die Aufnahmen zwar manchmal weniger spektakulär, aber auch weniger pubertär. Das Warten auf die Eruption, die (vielleicht) nicht kommt, kann zudem wesentlich unangenehmer sein als der eigentliche Ausbruch.

(M.G.)