GRINDERMAN: 2 RMX

Irgendwann konnte es mir Nick Cave einfach nicht mehr recht machen. Schon seit Jahren pastoral und selbstergriffen, wurden die Bad Seeds nach “No More Shall We Part” auch noch immer gefälliger, und als dann die erste Grinderman erschien, war mein erster Eindruck der von schlecht gelaunten Männern jenseits der fünfzig, die über angebluesten Garagenrock einmal ordentlich das Tier rauslassen wollten. Interessant, dass mich dann doch am ehesten die Bad Seeds-nahen Stücke überzeugt hatten, “I Don’t Need You (To Set Me Free)” beispielsweise, und irgendwann kam dann auch der verrockte Primitivismus verspätet bei mir an. Als die vier Urgesteine irgendwann den Support für The White Stripes machen mussten, taten sie mir schon etwas leid, denn gewiss hatten die wenigsten der Kids im Publikum eine Ahnung, wen sie da eigentlich vor sich hatten. Beim zweiten Album wusste ich schon in etwa, was mich erwartet, und inzwischen bin ich dann doch irgendwie Fan geworden. Bei der Stiltreue hatte Grinderman 2 das zweifelhafte Glück, weder stark überraschen, noch groß enttäuschen zu können, doch mit der Zeit und den nötigen Hördurchgängen entdeckt man immer mehr Facetten in dem ungeschliffenen Rock ‘n’ Roll, den Cave und seine Multiinstrumentalisten Warren Ellis, Martin Casey und Jim Sclavunos mal zu trockenen Stooges-Brettern, mal zu beinahe leichtfüßigen Balladen gerinnen lassen.

Es gibt wohl kaum ein approbateres Mittel, die Vielfalt im scheinbar einfachen und grobschlächtigen aufzuzeigen, als ein Remixalbum, dass ohne den Originalen Gewalt anzutun die wichtigsten Klangarrangements umstülpt und aus einzelnen Sounds gerade das macht, was sie noch nie und zugleich schon immer sein wollten. Wenn Robert Fripp aus dem „Heathen Child“ ein „Super Heathen Child“ macht, meint dies ein schnörkelloses und chaotisches Hardrockmonster, trotz des eher spartanischen Klanges, trotz der immer nur kurz beigemischten Gitarrensalven. Unter der Bearbeitung von Andy Weatherell wirkt es noch reduzierter, im Grunde fast Dub: Leichte Perkussion und diffuses Rasseln treiben sich gegenseitig voran und entfalten den leicht hypnotischen Effekt, für den in der Grinderman-Welt sonst primär die dreist-einfachen Akkordwiederholungen zuständig sind. Die meisten Versionen gibt es zu „Evil“ – wie schon auf dem Album eines der experimentellsten und zugleich soundverliebtesten Grinderman-Stücke. Sclavunos selbst fabriziert zusammen mit Matt Burger von The National eine eher trockene und grummelige Interpretation, der ein basslastiger Elektromix von Factory Floor und die eigene ungehobelte Demofassung gegenüber stehen. Die Hit-Single „Worm Tamer“ kommt nach der Bearbeitung von Unkle entspannt rockig daher und bringt Caves Stimme besonders zur Geltung. A Place To Bury Strangers machen etwas gewohnt Verrauschtes und Treibendes aus dem Song, der in der Form glatt ein eigenes Stück mit Gastsänger Nick Cave sein könnte. Jushua Homme von Queens Of The Stone Age liefert eine rifflastige Version des Micky Mouse-Songs ab, während Barry Adamsons „Palaces of Montezuma“ poppiger und beschwingter ist als das Original. Nick Zinner (Yeah Yeah Yeahs) macht aus „Bellringer Blues“ ein Folkstück mit schrägem Tremolo und schunkeligen Handclaps.

Die gelungensten Bearbeitungen erfährt aber meines Erachtens die Ballade „When My Baby Comes“. Sixtoes huldigen in ihrer Bearbeitung einem ethnolastigen Sound, der stilvoll mit Streichern und Klarinetten angereichert ist. Wird hier noch mit überschaubaren Mitteln beachtliches erreicht, geht Horrors-Sänger Faris Badwin zusammen mit Opernsängerin Rachel Zeffira auch formal in die Vollen: Etherisches entfaltet sich über postindustriellen Schrottplätzen, man meint eine von Metallklappern begleitete Isobel Campbell zu hören, bis das Ganze in einen rituell angehauchten Metalsound kulminiert.

Wenn es ein gemeinsames Element gibt, dann liegt es in der stufenweisen Struktur der Songs, die alle meist verhalten beginnen und sich zu einem Höhepunkt hin entweder sukzessive entwickeln oder aber zu einem plötzlichen Sprung ansetzen. Dass dies auf Albumlänge etwas vorhersehbar ist, ändert nichts an der Vielseitigkeit der Platte, die dem rauen Grinderman-Image durchaus zugute kommt.