V.A.: Drone-Mind // Mind Drone Volume 1: Ubewoet / Halo Manash / Jarl / B°Tong

Wie kaum ein anderes hat das in Bremen ansässige Label Drone über die Jahre konsequent Musik veröffentlicht, die in all ihrer Heterogenität immer eine Widerspiegelung des Namens war, egal ob auf der nach einhundert Veröffentlichungen eingestellten 7′-Serie, der 10′-Reihe „Substantia Innominata“ (von der es inzwischen auch schon 16 Veröffentlichunge gibt), oder aber auf der just begonnenen „Drone Mind // Mind Drone“-Serie im LP-Format. Das Konzept wurde diesmal leicht geändert, denn „Drone-Mind // Mind-Drone“ hat Compilationcharakter, nun teilen sich jeweils vier Künstler ein Album, wobei das Artwork jedes Mal von dem britischen Maler Pete Greening gestaltet wird. Compilations sind oft wenig befriedigende Tonträger, (zu) oft hat man den Eindruck, es werde Resteverwertung betrieben, häufig findet man (An)Sammlungen von Stücken, deren kleinster gemeinsamer Nenner sich nur mit der Lupe erkennen lässt.

Die Spanier von Ubeboet basieren ihre zwei Stücke auf Stimmmaterial, das den beiden Stücken einen rituell-religiösen Charakter gibt. Sind bei „Akasa“ die Stimmen deutlich zu hören und versetzt der Track den Hörer dadurch in ein nebelverhangenes tibetisches Kloster, so besteht „Agone Revisited“ aus organisch-warmen Drones, ganz so, als folge nach dem Gebet die Ruhe und Kontemplation. Dass auf der gleichen Seite des Albums die Finnen von Halo Manash zu finden sind, die mich vor einigen Jahren mit ihrem Album „Language of Red Goats“ beeindruckt haben, passt, haben sie doch schon in der Vergangenheit gezeigt, dass das Rituellle auch in ihrer Musik von zentraler Bedeutung ist: Hier dröhnt es dunkel, verlangsamte Gongschläge sind zu hören und lassen Erinnerungen an „How To Destroy Angels“ aufkommen, auch (früher) Thomas Köner ist nicht allzuweit entfernt, wobei Halo Manash einen wesentlich rituelleren Ansatz als letztgenannter Künstler haben. Durch das tiefe Brummen und die entfernten Stimmen (es wurde keinerlei Elektronik eingesetzt) wird eine düstere und dunkle Weite beschworen, langsam ziehen die Klangmassen über den Permafrost, und wenn Halo Manash auf ihrer Homepage schreiben Halo Manash is a pilgrimage to the borderlands of dreams, pure consciousness, and primal being– and possibly beyond“, dann passt das (natürlich) auch zu einem Label wie Drone, bei dem es immer um Erweiterung und Erforschung des (Unter- wie Un-)Bewusstseins (durch Klang) ging – so wie es auf „Drone Mind//Mind Drone“ um die Interaktion zwischen dem Klang des Ewigen und der Psyche geht, um die Frage, ob Drones bzw. Klang als intelligent angesehen werden können/kann, ob jeder Verstand Drones produzieren kann.

Die zweite Seite des Albums wird von Erik Jarl eröffnet, der mit Martin Bladh als IRM aktiv ist und solo als Jarl eine Vielzahl von Alben veröffentlicht hat. Er lässt auf dem langen „Zero in Scream“ metallisch kligende – dem Inforsheet kann man entnehmen, dass es sich um bearbeitete Zitterklänge handelt – Sounds ertönen, schichtet sie übereinander, wobei der Track trotz industrieller, unruhiger Augenblicke gegen Ende durchaus meditative Momente aufweist und somit durchaus an die Beiträge auf Seite A anknüpft. B°Tong aus der Schweiz benutzen auf dem ersten Stück „Vam“ zwar wie Ubeboet Stimmen, aber hier werden sie zerstückelt und fragmentiert, wodurch der Track an Lautpoesie und dadaistische Experimente erinnert. Die drei weiteren Beiträge, „Lam“, „Ram“ und „Pam“, sind dagegen musikalisch eng miteinander verbunden, hier scheint Wasser eine Klangquelle gewesen zu sein und man fühlt sich in eine Unterwasserwelt versetzt – und natürlich muss man bei Wasser an seine Symbolkraft für das Unbewusste denken.

Die Frage, ob Drones intelligent sein können, wird hier vielleicht nicht beantwortet (werden können), aber eine intelligente und in ihrer Heterogenität dennoch sehr stimmige Zusammenstellung und ein sehr vielversprechender Auftakt ist das allemal.

(M.G.)

Label: Drone