LUNAR ABYSS DEUS ORGANUM: Atanimonni Aitnatsbus

Auf einem weiteren Teil der „Substantia Innominata“-Reihe spielt das in St. Petersburg ansässige Einmannprojekt von Evgeny Savenko mit dem etwas prätentiösen Namen eine unglaublich variantenreiche Musik, die mit dem Genrebegriff Drone nur unzureichend beschrieben ist, zu viel passiert auf den zwei langen Tracks dieser 10′. Im Artwork spiegelt sich die musikalische Ausrichtung des Projekts wider, das seine Musik auf Facebook als „drone therapy & ritual ambient“ beschreibt: Eine von einem Fluss durchzogene Landschaft, dazu indigene Zeichnungen von Tieren, Menschen und Kanus. „Atanimonni“ wird von Glocken eingeläutet, hinzu kommt ein dunkles, vielschichtiges Dröhnen und zwischendurch hat man den Eindruck Tiergeräusche zu hören, die aber kaum genauer zu bestimmen sind. Dabei verschwimmt die Grenze zwischen den Feldaufnahmen und den von Menschenhand erzeugten Geräuschen fortwährend, gegen Ende des Tracks scheinen sich die Drones noch einmal aufzubäumen, bevor die erste Seite in einer Endlosrille Wasserrauschens ausläuft. „Aitnatsbus“ beginnt etwas anders: Gegenstände  werden umgestoßen (ich musste ganz kurzzeitig an Organums “Veil of Tears” denken). Im weiteren Verlauf kommt ein analoger Synthesizer dazu, Frauengesang setzt ein und die einzelnen Klangquellen und -schichten verdichten sich in den nächsten Minuten. Das Knistern von Feuer beendet (scheinbar) die zweite Seite, denn auch diese endet in einer Endlosrille.

Man hat manchmal den Eindruck, dass für eine Reihe von Künstlern der Oberbegriff Drone eine nette Entschuldiguung bzw. Legitimation für wenig Variation, für Stasis ist, Lunar Abyss Deus Organum zeigen dagegen, wie es anders gehen kann und letztlich spielt es keine Rolle, ob man weiß, an welchen Orten (nämlich in den sicher assoziationsreichen Karpaten und im zwischen Russland und Finnland gelegenen Karelien) die Feldaufnahmen entstanden sind, denn die Musik funktioniert auch so. „Atanimonni Aitnatsbus“ ist Musik jenseits von Ethnokitsch oder Pseudodüsternis. Stattdessen bietet sich dem Hörer eine Schichtung von Geräuschen, Klängen und Melodien, die ein großes Evokationspotential hat.

(M.G.)

Label: Drone