Es ist schon ein Tape zum Rätselraten, dass German Army unter dem Titel „Millerite Masai“ ganze hundertmal in die Welt gesetzt haben. Ist das bizarre Ereignis auf dem Cover wirklich so brutal wie es aussieht, und was genau passiert eigentlich mit dem Mann? Was hat das Ganze mit den Milleriten, einer Gruppe von Adventisten zu tun, die es laut Albumtitel auch in Ostafrika geben soll? Warum nennt sich eine Band German Army? Und warum kombiniert jemand Handdrums aus den Weiten des Trikont mit stoffeligen Stakkatos aus den Untiefen des Rhythm Noise? Es gibt für all das bestimmt eine Reihe an Gründen, einer ist sicher der Spaß an dummen Fragen, die man dann vorzugsweise unbeantwortet lässt.
German Army ist das meist im Alleingang betriebene Projekt des Kaliforniers Peter Kris, der die ganze Geschichte post-industrieller Klangkunst auf seinen Schultern trägt, wenn er nicht gerade beidhändig mit ihr jongliert. Und es dauert einen Moment, bis man (an)-erkennt, dass er letzteres gut beherrscht. Auf dem rund fünfundvierzig Minuten langen Tape reihen sich meist kurze Stücke aneinander, deren Titel wie Szenenabschnitte eines postkolonialen Kriegsfilmes klingen. Sicher ist diese Assoziation auch der musikalischen Ausrichtung der Stücke geschuldet, in denen komplexe und weniger komplexe Perkussion und raue, meist etwas in den Hintergrund gemischte Dronespuren die Grundlage bilden, auf der eine Reihe an (gesampleten und eingesungenen) Vocals, groovige Bass und Gitarrenpassagen, geheimnisvolle Synthiemelodien und die zum Teil recht anstrengenden Stampfbeats ihre Momente haben. Nach den beiden ersten Stücken, dem dynamischen „Tetlin“ mit seinem Kontrast aus orientalischem Saitenspiel und verzerrten Rhythmen und dem eher unterschwellig rumorenden „Chickahominy“, erliegt man noch der Illusion eines ziemlich ungeordneten musikalischen Wechselbades, doch mit der Zeit offenbart sich immer mehr die leitmotivische Struktur vieler Komponenten, die in jedem Stück neue Kontraste schaffen und dem Tape zugleich sein typisches Gepräge geben.
Grundsätzlich kommt die intendierte Ethno-Seite in den etwas verhalteneren Stücken besser zur Geltung, woran auch keine Surfgitarren etwas ändern, aber wenn die hektischeren Momente kurzzeitig an die ehemals beliebten Banshee-Sampler erinnern oder man bei kreisenden Noise-Loops auf „Out! Out Out!“-Gebrüll wartet, macht es dieses verquere Nerdnoise-Album nicht weniger mysteriös. (U.S.)
Label: Yerevan Tapes