ZONE DEMERSALE: Motore Primo

Ob man Zone Démersale die intensive Beschäftigung mit Philosophie anhört, die Michele Ferretti und Pietro Riparbelli als Inspirationsquelle für ihren dunklen Ambienttechno angeben, ist schwer zu sagen. Etwas nachvollziehbarer wird dieser Hintergrund, wenn man bedenkt, dass die beiden Produzenten vor allem der Reflexion über Wahrnehmungsphänomene zugetan sind und die sinnlichen Vorgänge untersuchen, die griechische Philosophen aisthesis nannten, wovon unser Begriff der Ästhetik abstammt. Als Zone Démersale spielen sie eine Musik subtiler Nuancen, eine Musik für Leute, die über eine gute Wahrnehmung verfügen und sich dessen bewust sind.

Das heißt jedoch nicht, dass ihr mit alten Synthies, dem Echoplex-Looper und einer Fülle von Samples eingespieltes Vinyl-Debüt vor buntem Detailreichtum übersprudeln würde – die EP „Motore Primo“ ist zwar so unberechenbar wie Coil auf „Love’s Secret Domain“, aber auch so kühl minimalistisch wie die aufgeräumten Produktionen von Fever Ray und Demdike Stare.

Was beim ersten Rotieren der Scheibe als größte Stärke auffällt, ist die absolut gefangennehmende Hypnotik, die ZD dezenten Knistertakten und wenigen wehmütigen Pianotupfern entlocken. Hochtönende Moogsounds lassen ein nächtliches Kolorit entstehen, das mit allerlei Spannungsmachern – langsam gesteigerten Rhythmen, Krach, der entfernt an Schreie erinnert, subtile Drones, die für Momente alles andere verschlucken und transformiert zurück in die Welt entlassen wie der Wal den Propheten Jona – durchsetzt ist, und was bei manch anderen kitschig oder allzu cool daher käme, hat hier eine Ernsthaftigkeit, an der man keine Minute zweifelt.

Details gibt es eher im Kleinen, ihre zerstreuende und bisweilen kontrastierende Wirkung erfolgt in versteckten Nischen des so überschaubar wirkenden Klanggewebes. Eines der vier Stücke beginnt mit einem Klang, der an Saitenzupfen erinnert und so monoton ist wie ein Banjopart bei Crow Tongue. Kaum hat man den Fremdkörper als solchen geortet, verschwindet er unter einem unprätentiösen Drone, das ihn zum Zitat erklärt. (A. Kaudaht)

Label: Boring Machines