ERIK FRIEDLANDER: Nothing on Earth

Der vor zwei Jahren fertiggestellte Film „Nothing on Earth“ ist die Dokumentation einer Dokumentation. Regisseur Mich Angus begleitete den Fotografen Murray Fredericks bei seiner Reise ins Innere Grönlands und filmte seine zum Teil gefahrvollen Anstrengungen, die schmilzende Eisdecke des gewaltigen Landes einzufangen. In der gut ausgewogenen Balance aus Bild und Ton ist der Film Making of und zugleich Kommentar.

Vermutlich bringen die meisten die menschenleere Weite dieses Landes mit dem Erhabenen in Verbindung, das die Philosophen zu Beginn der Moderen so sehr begeisterte. Fredericks und Angus legen – nicht nur durch den Fokus auf die Schmelze – einen deutlichen Schwerpunkt auf die eher fragile, dem Lauf der Dinge fast zart gegenüberstehende Seite des Landes. An diesem Punkt setzt auch die Musik an, die Erik Friedlander, bekannt v.a. durch seine Mitwirkung an John Zorns diversen Masada Chamber Ensembles, zusammen mit seiner neugegründeten Band Black Phoebe dazu eingespielt hat.

Die vorliegene CD enthält nicht nur den Score zum Film, sondern beinhaltet darüber hinaus weitere Kompositionen, die auf den gleichen oder auf ähnlichen Motiven basieren. Zentrales Element ist Friedlanders Cello, der durchgehend gezupft statt gestrichen wird, und dessen Klang beim vordergründigen Hören an ein lautenartiges Instrument erinnert und Assoziationen zu Komponisten wie John Dowland, zu vorderasiatischer Musik oder gar zu Flamenco weckt. Nur gelegentlich bekommt die Musik einen deutlicher „modernen“ Anstrich, so beispielsweise wenn er seinen Saiten leicht jazzige (Dis-)Harmonien entlockt.

Zur Ausweitung des Konzeptes und zur Durchbrechung des Einlullend-Lieblichen tragen auch die anderen Instrumente bei, an den Stellen, an denen Black Phoebe tatsächlich als Trio in Erscheinung tritt. Perkussionist Satoshi Takeishi bringt mit dezenten Rhythmen etwas Licht ins nordische Dunkel, während Shoko Nagai mit breiten Akkordeon-Streifen und Piano-Goldregen jedem Stück einen anderen Charakter verleiht.

Dass das Resultat nahezu aller Stereotype entbehrt, die man mit dem kalten, dunklen, vermeintlich leeren Nordland in Verbindung bringt, macht das Werk noch interessanter und trägt einer aufmerksamen Rezeption zu. Gerade das Dezente und Unaufgeregte der Musik vermittelt die Erfahrung von Weite und scheinbarer Unendlichkeit, die der Film ergründen will. (U.S.)

Label: Scipstone Records