STEFAN WESOŁOWSKI: Kompleta

Manchmal sind Dinge erst dann vollendet, wenn sie nach einer Zeit des Niedergangs zu einem zweiten Leben erwachen. Der Titel von Stefan Wesełowskis erstmals vor sieben Jahren erschienenem Album verweist auf ein Vollenden, doch die Musik auf „Kompleta“ und erstrecht die visuellen Motive erinnern eher an einen Wiederaufbau, an die Restauration von etwas Altem, Verfallenem unter veränderten Vorzeichen.

Man erfährt nicht allzu viel über die Hintergründe der Musik, ihre Texte und Covermotive, doch die Kompositionen für Streicher und Orgel, der weiblich-männliche Wechselgesang in mal hymnischen, mal psalmodierenden Vokalstücken und nicht zuletzt das gerade in Restauration begriffene Kirchenschiff auf dem Cover lassen wenig Zweifel daran, dass es hier um eine (Wieder-)Annäherung an die christliche Sakralität geht. Gerade der stimmliche Wechsel zwischen Wesełowskis Bariton und dem Sopran von Sängerin Maja Siemińska, die streckenweise wie ein missing link zwischen der serbischen Sängerin Divna Ljubijevic und Daniela Bedeski von RosaRubea klingt, ruft unmissverständlich liturgische Gesänge in Erinnerung, katholische, orthodoxe, wobei ersteres aufgrund der stets im Fundament dröhnende Orgel die naheliegendere Assoziation ist.

Wie stark „Kompleta“ in der Tradition sakraler Musik steht und wie sehr die Musik dieser dann treu bleibt, ist ohne musikhistorische Kenntnisse auf diesem Gebiet nur schwer zu beurteilen, und zu dem Rückgriff auf liturgische Musik, den Drone- und Minimal Music ohnehin vornehmen, hat der Kollege vom Black schon einige interessante Ausführungen gemacht. Für das Laienohr gibt es jedoch einige Momente, die unzweifelhaft zeitgenössisch anmuten, seien es allzu abrupte Brücke zwischen verschiedenen Motiven, sei es eine Mischtechnik, die die Stimmen mit dem Klang der Instrumente leicht verschmilzen lässt und letztlich kleine elektronische Beigaben, die die Illusion des Alten immer wieder für Momente stören.

Auf dem Cover sieht man die Kirche auf der Seite liegend, und wie weit ihr Restaurationsprozess vollendet ist, lässt sich aus dem ausschnitthaften Bild kaum ersehen. Vielleicht ist es ja gerade diese grundsätzliche Unvollendbarkeit, die jedem Rückgriff auf Vergangenes innewohnt, die „Kompleta“ doch so komplett wie möglich erscheinen lässt.

Label: Ici d’ailleurs