Oftmals hat man den Eindruck, dass aufregende, erregende Musik von denen gemacht wird, deren Einflüsse breit und nicht auf ein Genre begrenzt sind. Trappist Afterland, das Projekt des Australiers Adam Cole, bestätigt das. Auf der Facebookseite der Band werden die Einflüsse offengelegt, und die lesen sich wie ein Gang durch die Geschichte psychedelisch(st)er (nicht nur Folk) Musik. Auf den bisherigen Alben, von denen das jüngst erschienene „Afterlander“ das erste ist, das auf Vinyl gepresst wurde, wurde aber auch immer wieder deutlich, dass Cole Interesse an außereuropäischer Musik hat – im folgenden Interview berichtet er von seiner Liebe zu Gamelanmusik. Textlich spielt (auch) immer Religion eine Rolle, Cole wählt selbst die Bezeichnung „Xian“, aber sicher nicht im Sinne eines Evangelikalen, der Feuer und Schwefel verkündigt, vielmehr rekurriert Cole in seinen Texten auch auf Häretisches, Abseitiges. Letztlich straft Trappist Afterland all diejenigen Lügen, die glauben, Folk – wie auch immer verstanden – habe etwas mit so einem Konstrukt wie „Reinheit“ zu tun.
Lass uns vielleicht mit einer etwas langweiligen Frage beginnen, aber kannst du uns ein paar Worte über den Anfang eurer Band sagen?
Ich begann mit Trappist 2010 zusammen mit Adam Casey, einem alten Freund von mir, der in einem Musikprojekt namens The Boy Who Spoke Clouds spielte. Wir haben unter dem Namen Trappist Afterland zwei Alben aufgenommen, “The round Dance of the Cross” und “Burrowing to Light”. Adam nahm beide Alben auf und fungierte als eine Art Produzent für meine Kompositionen. Er verließ die Band nach der Fertigstellung von “Burrowing to Light”, und ich machte weiter und nahm “Beehive” auf. Ich traf Phil Coyle, der auch heute noch in Trappist ist, Brett Poliness (Silver Ray, Hugo Race) und Hak Gwai Lau, den ich mit seiner zweiseitigen chinesischen Violine (ErHu) in den Straßen von Melbourne spielen sah. Wir wurden Freunde und arbeiteten zusammen an dem, woraus das “Beehive”-Album wurde. Die Band besteht heute auch Phil, Nicholas Albanis (Dandelion Wine), die beide auch an “Afterlander” mitwirkten, sowie Lachie Robertson. Ich habe unter dem Trappist-Namen auch ein Soloalbum aufgenommen namens “The Five Wounds of Francis Minor” und ich bin halb fertig mit einer neuen Aufnahme zusammen mit Anthony Cornish, das auch mehr ein Soloalbum ist und weniger kollaborativ wie “Afterlander”. Ich mag beide Arten des Aufnehmens und ich denke, es ist insgesamt eher eine porojektorientierte Sache, auch wenn die Afterlander-Band eine permanente Sache ist, zusammen mit Lachie für zukünftige Aufnahmen und Liveshows. Zumindest so lange, wie sie mich ertragen können, HAHA!
Du erwähnst eine Reihe an Bands, die dich beeinflusst haben. Es scheint, dass viele von ihnen das Folkidiom benutzen, es aber zugleich musikalisch und textlich (bisweilen) radikal erweitern. Gibt es eine Eigenschaft, die sie alle verbindet?
Ich dachte immer, das die eine Sache, die Folkmusik in ihrer reinsten Form verbindet, die Idee ist, mit Songs Geschichten und Ideen einer Zeit und eines Ortes zu transportieren. Ich denke, traditionelle Folkmusik wurde als ein Mittel verwendet, um Gemeinschaft zu knüpfen und die Geschichte eines Volkes, einer Zeit und eines Ortes weiterzugeben. Wenn also in experimentelleren und radikaleren Formen diese Ideen immer noch weitergegeben werden, dann ist es nach wie vor das, was es verbindet. Das Experimentieren ist heute durch Technologie zu einem wichtigen Aspekt unserer Kultur geworden, und obwohl Folkmusik ziemlich oft mit der Vergangenheit assoziiert wird, müssen wir immer noch unsere Zukunft durch Songs dokumentieren. Und ich glaube, dass es da keinen besseren Weg gibt, als all die modernen Mittel zu nutzen, über die wir verfügen. Umgekehrt reflektiert dies dann Aspekte unserer heutigen Kultur.
Viele heutige Folkmusiker sind nicht in erster Linie mit Folk aufgewachsen, oft begannen ihre kreativen Biografien mit Punk oder anderen Arten der Rockmusik, bevor sie traditionelle Musik für sich entdeckten. Wie war es in deinem Fall?
Ich denke, mein musikalischer Background begann in jungen Jahren mit undergroundigem Thrash-, Glam- und Death Metal. Gefolgt von 90er Jahre-Punk und Alternative Rock. Als Mitzwanziger war ich besessen von TG, Whitehouse, Psychic TV und dann dem ganzen Prog-, Psych-, Free Jazz-, British-Revival und Acid Folk, wenn immer ich da was in die Finger bekam. Heute ist es dann all dies plus eine Menge Musik aus der ganzen Welt, v.a. indische Musik, Gamelan, alte klassische Musik (Hesperion xx, David Munrow etc) und weitere traditionelle Arten der Folkmusik. Ich denke, als ich zwölf war oder so, waren die frühen Dylan-Platten für mich die Quintessenz dessen, was Folk darstellte. Von da aus entwickelte sich alles.
Du spielst eine Menge unterschiedlicher Instrumente. Wie kamst du dazu, sie alle zu lernen? Begann es mit einem bestimmten, wonach andere peu a peu dazu kamen? Mit welchem identifizierst du dich am meisten?
Ich schätze mal, dass ich wie die meisten Jungen um die zwölf Jahre eine Obsession für Gitarren hatte, unter dem Einfluss der 80er Jahre-Thrash-Szene. Irgendwann bekam ich eine elektrische Gitarre zu Weihnachten geschenkt und begann schlechte Leadgitarre und Powerakkorde zu spielen. Ich gründete eine Metal Garage-Band im Keller meiner Eltern und alles weitere nahm seinen Weg. Als ich dann älter wurde und die Folkmusik für mich entdeckte, lernte ich Fingerpicking und begann, Songs zu schreiben. Ich heiratete mit 28 und verbrachte meine Flitterwochen in Vietnam. Es war dort, als ich begann, mit etwas exotischeren Saiteninstrumenten zu experimentieren und mir beibrachte, Dan Bau-Monochord und Oud zu spielen – und ich kaufte die Dulcitar von Timothy Renner (Stone Breath). Die Dulcitar ist im Grunde ein Dulcimer mit einer vibrierenden Brücke, die ihr den für Sitar typischen Twang gibt. Timothy hat sie gebaut, wirklich genial.
Wenn wir gerade über die Vielzahl von Instrumenten und musikalische Einflüssen sprechen, frage ich mich, ob das Album “The Christ Tree“ von The Trees Community, das Timothy Renner vor ein paar Jahre wiederveröffentlich hat, euer Werk ebenfalls beeinflusst haben könnte…
Ich bin ein absoluter Verehrer dieses Albums, und ja, es stellte einen enormen Einfluss auf alles dar, das Trappist betrifft.
Mein bester Freund Neil Sweeney gab mir irgendwann 2007 eine Kopie des Vinyls auf CDr, und ich wurde regelrecht besessen davon. Ein oder zwei Jahre später hörte ich, dass Timothy eine Wiederveröffentlichung plante und hatte das Glück, die CD-Box zu ergattern. Das ganze Bonusmaterial ist großartig, wenngleich “The Christ Tree” nach wie vor für sich steht.
Ich mag ebenfalls besoders das Album “Christian Lucifer” von Perry Leopold und Silmarils Album “The Voyage of Icarus”. Aber die Liste könnte weitergehen.
Eure ersten drei Alben habt ihr selbst herausgebracht. Euer fünftes Album kommt nun bei Sunstone Records auf Vinyl. Ist das für euch ein neues Kapitel in der Entwicklung der Band?
Ich denke schon, allerdings ist das nicht beabsichtigt. Als wir mit Trappist anfingen, waren wir die ganze Zeit auf der Suche nach Geistesverwandten, die unsere Sachen herausbringen könnten, aber es passierte erst etwas, als uns Nigel Spencer von Folk Police in Manchester ansprach. Nigel hatte gerade sein neues Label namens Eleven Willows gegründet, um weniger kommerzielle Folkmusik zu veröffetlichen, und der Plan war, unser drittes Album “Beehive” auf Vinyl herauszubringen. Leider ging das Label pleite, bevor es richtig los ging. Dann sprach uns Nathan Ford von dem neuseeländischen Blog-Magazin The Active Listener an und bot uns eine digitale Veröffentlichung an, was wir dann machten. The Active Listener war sehr hilfreich dabei, uns mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen und Nathan ist ein großartiger Typ, der vielen Bands hilft. Ein wahrhaft unbesungener Held der heutigen Underground Psych-Szene.
Später hatten wir das Glück, dass uns Sunstone Records einen Release anboten. Ant James, Will und Simon Norfolk betreiben das Label von Chester und Morecombe im Nordwesten Englands aus, sie waren uns eine große Hilfe, und wir sind gute Freunde geworde. Wir haben gerade unser neues Album “Afterlander” herausgebracht, und es war in England in gerade mal zwei Tagen ausverkauft, was mich doch sehr positiv überascht hat. Ich habe noch ein paar Exemplare zum Verkaufen auf der Trappist Bandcamp-Seite, aber die sind auch schon fast alle weg.
Eines der großartigsten Dinge bei dieser Art von Musik ist, dass es eine kleine Nische ist, und du all die wunderbaren Leute treffen kannst, die die ganzen Labels, Blogs u.s.w. aus reiner Leidenschaft betreiben. Es ist harte Arbeit und eine recht kostspielige Übung für wenig Entgelt. So sind Leute wie Nathan Ford, Ant James und Simon Norfolk echte Pioniere, wenn es darum geht, solche Musik herauszubringen in dieser musikgeschichtlich so schwierigen Zeit, zumindest was die Industrie betrifft. Von daher meinen Respekt für sie und alle, die ähnliches tun.
Eure ersten Alben waren nicht nur als Download erhältlich, sondern auch als limitierte CD-Rs. Wie ist eure Einstellung zu physischen Tonträgern generell?
Für mich sind physische Tonträger sehr wichtig, nur sind sie auch sehr teuer. Wenn immer wir ein Album machen, sorge ich dafür, dass wir allen Kosten zum Trotz irgendetwas physisches auf Lager haben werden, für gewöhnlich in limitierter Ausflage. Vinyl ist natürlich meine favorisierte Form, aber wie gesagt sehr teuer. So sind CD-Rs dann das nächst beste.
Es gibt wohl Pläne für ein Splitalbum mit Stone Breath. Kannst du uns erzählen, wie es dazu kam und um was für ein Konzept oder eine Idee es sich dabei handelt?
Ich bin schon lange ein Fan von Stone Breath und fragte Timothy, wie es wäre, eine Split-12” zusammen zu machen. Wieder aufgrund der Kosten haben wir uns dann entschieden, stattdessen ein Spit-Tape zu machen, welches später in diesem Jahr oder Anfang 2016 herauskommen soll. Beide Bands werden ungefähr 18 Minuten Musik pro Seite beisteuern.
Als ich in meinen späten Zwanzigern war, kam ich ganz naiv zu dem Schluss, dass es bei seltsamer Folkmusik und Psychedelia immer um den Tod geht. Und dass keine neue Musik nicht einmal entfernt an Gruppen wie COB, I.S.B etc etc herankommen. Das war, bevor ich Sachen wie Stone Breath, In Gowan Ring die frühen Alben von Six Organs zu hören bekam. Diese Bands und andere haben mich wirklich wieder dazu gebracht, mit der Folkmusik weiter zu machen, die ich immer geliebt hatte. Es scheint, als haben sie die Elemente der ersten Welle des Acid Folk genommen und eine sehr frische und ernsthaft neue Herangehensweise an solche Musik geschaffen.
Ich hoffe, dass Trappist das auch kann.
In einigen eurer Songs finden sich Spuren orientalischer/asiatischer Musik. Abgesehen davon, dass du Oud spielst und manchmal mit einem chinesischen Musiker zusammenspielst – ziehst du direkte Einflüsse aus nicht-westlichen Musikkulturen? Gibt es bestimmte asiatische oder vorderasiatische Musik, die du hörst?
Ich bin ein großer Fan von Gamelan-Musik. Vor ein paar Jahren, als wir mit Trappist abgefangen hatten, gab es den Plan, ein Album mit dem Melbourne Gamelan Orchestra aufzunehmen. Adam Casey stieg aus kurz nachdem wir uns mit ihnen getroffen hatten, und so wurde nie etwas daraus. Aber ich würde so etwas nie ausschließen, da Adam und ich immer wieder davon reden, in irgendeiner Form zusammen Musik zu machen.
Ich bin außerdem ein großer Fan von Hamza el Din, obwohl der aus Nordafrika stammt. Sein Oudspiel ist nicht von dieser Welt. Kan Mikamis Album “Barking Practice” ist grandios; Kazuki Tomokawa; Karuna Khyal; Ghost aus Japan (v.a. ihre frühen Alben)…. nicht zu vergessen die vielen Alben aus dem Nahen Osten. Es gibt so viele großartige Platten, zu viele, um sie alle aufzuzählen.
Vielleicht passen die orientalischen Elemente ja ganz gut zu eurem Interesse an biblischen Themen. Denkst du, dass das westliche Christentum gut daran tun würde, den “exotischen” Hintergrund seiner eigenen Wurzeln wieder zu entdecken?
Ich denke, das Problem mit dem westlichen Christentum ist, dass es seine Wurzeln komplett vergessen hat – vergessen, wo es herkommt. Im Laufe der Zivilisation wurde das Christentum von Menschen umgeformt, und für mich als Christ ist es manchmal schwierig, zu beurteilen, welche Teile von Christus kommen und welche über die Jahre durch menschliche Interpretation verdreht worden sind. Es ist eine heikle Sache – und es ist wirklich schwer, da ein bisschen Klarheit einzubringen. Aber wenn wir über immaterielle Werte reden, ist es ziemlich offensichtlich, dass die Menschheit und besonders die westliche Zivilisation alles ziemlich ruiniert hat. Obwohl auch ich nicht komplett unschuldig bin. Wir alle haben unseren Anteil daran.
Einigen wir uns darauf, dass Jesus Christus in den letzten 2000 Jahren ein ziemlich schlechtes PR-Team hatte, haha!
Aber wie in allen Ideologien oder Glaubenssystemen, gibt es auch hier immer Gutes und Schlechtes. Manchmal sind die Leute oder die Medien auf das Negative fokussiert und vergessen die großartigen Dinge, ebenso wie die furchtbaren natürlich. Unglücklicherweise tun Menschen bisweilen undenkbare Sachen in der festen Überzeugung, dass es das richtige sei.
Du bzw. ihr nennt euch “Xian“. Welche Rolle spielt euer Glaube eigentlich generell in eurer kreativen Arbeit?
Ich liebe seit jeher diese selbstverlegte Xian-Alben wie etwa Trees Community, Silmaril, Concrete Rubber Band, Caedmon u.s.w. und ich denke, ich bin Christ.
Dennoch zögere ich in einem gewissen Grad, mich als Christ im traditionellen Sinne zu bezeichnen. Vor allem, weil ich aus verschiedenen Gründen ziemliche Probleme mit der Evangelikalen Bewegung habe, mit der Katholischen Kirche und anderen Konfessionen. Aber gleichzeitig ist es zum Teil sehr herausfordernd, als Teil des Christseins an einer Gemeinschaft teilzunehmen. Aber ehrlich gesagt schrecken mich die Gemeinschaften und ihre altmodischen Ideen total ab. Es ist für mich also zumindest sehr kompliziert, HaHa!
Was die Einflüsse auf unsere Songs betrifft… Für mich macht das eine Menge dessen aus, was Trappist sein soll, auch wenn der Rest der Band meinen Glauben nicht teilt. Mir als Songwriter zeigt dies, wie offen und einfühlsam meine Bandmitglieder sind, und ich kann von Glück sagen, dass ich sie habe.
Wie in der Musik findet sich auch in euren Inhalten ein starker Bezug zu heretischen Seitenpfaden, du beschäftigst dich mit John Dee, Franz von Assisi und einer Reihe an apokryphen und gnostischen Schriften. Fändest du es zu negativ zu sagen, dass in der (religiösen und kulturellen) Geschichte einiges schief gelaufen ist, oder entspricht das deiner Sichtweise? Gibt es etwas, das du mit diesen Referenzen rüberbringen willst?
Also es fing so an, dass ich vor einigen Jahren ein großes Interesse an John Dee entwicklete. Am meisten interessierte ich mich für seinen angeblichen Kontakt zu Engelwesen während seiner Wahrsager-Sessions. Aber ganz ehrlich gesagt hatte das einen außerordentlich negativen Effekt auf meine Psyche.
Ich war total fasziniert von all dem Symbolismus, den er herausgearbeitet hatte über seine Interaktion mit Engeln, Enochismuns und speziell das Sigillum Æmeth-Pentakel.
Ich will da nicht ganz so sehr ins Detail gehen, da es eine sehr persönliche Sache ist, aber ich kann sagen, dass es eine sehr dunkle Zeit meines Lebens war und dass all dies auch zeitweise eine Auswirkung auf meine Ehe hatte. Ich weiß bis heute nicht, was genau passiert ist, aber ich werde mich nie mehr so stark auf eine solche Sache einlassen.
Diese Interaktionen brachten John Dee letztlich selbst zu Fall. Deshalb denke ich auch, dass seine Kontakte während der Wahrsager-Sitzungen wenig mit Engelwesen zu tun hatten.
Das Album “The Five Wounds of Francis Minor” war wohl so etwas wie ein Konzeptalbum, das die Leben von John Dee und Franz von Assisi vergleichen sollte.
Beide Männer waren besessen von der Idee, sich mit dem Göttlichen zu verbinden und beide waren extrem hingebungsvoll. Aber beide wählten auch sehr unterschiedliche Wege um diese Verbindungen zu finden.
Meiner Meinung nach hatte der Heilige Franziskus den richtigen Weg gewählt und wurde dafür belohnt. So sehr letztlich, dass er der erste Mann wurde, der die Stigmata erleiden durfte, was sich natürlich nach einer sehr morbiden Belohnung anhört, aber ich denke, es ist die größte Ehre, die einem Menschen zuteil werden kann.
Ich bin auch sehr interessiert an allen Schriften und finde die Gnostischen Evangelien ausgesprochen schön und sehr interessant. Aber wie alle angeblich heiligen Doktrinen denke ich, sind sie mit Vorsicht zu genießen und man sollte sie mit einem gewissen Augenzwinkern lesen, haha.
Im falschen Kontext können sie furchtbare Konzequenzen haben, man denke etwa an die Behandlung von Homosexuellen durch die Kirche und Gesellschaft und vergleichbares. Traurigerweise benutzen Leute die Schriften, um damit schönzureden, dass sie bigotte Arschlöcher sind. Und die Liste geht weiter, unglücklicherweise.
Aber trotz alledem bin ich nach wie vor sehr interessiert an christlicher Mystik und denke, dass sie eine sehr wichtige Rolle gespielt hat, was unser Verständnis von der Welt und der jenseitigen Welt betrifft. Ich denke einfach, dass John Dee reingelegt wurde und er hat deswegen ein tragisches Leben erlittent.
Auf eurem Album “Like A Beehive, The Hill Was Alive“ gibt es einen Song namens “The Golden Bough“, der wahrscheinlich auf James George Frazers gleichnamige Arbeit verweist. Warum deutet ihr auf dieses spezielle Buch?
Mein bester Freund und zeitweise Songwritingpartner Neil Sweeney gab mir das Buch, als ich ihn in New York besuchte. Seine Idee war, eine Handvoll Songs über dieses Buch zu schreiben und ein Album daraus zu machen. Wir haben das Projekt nie zuende gebracht, und “The Golden Bough” war ein Track, den ich dafür schrieb.
Neil und ich planen, recht bald ein gemeinsames Album zu machen. Neil ist ein fantastischer Outsider-Folksänger und Songwriter in Baltimore, und ich freue mich sehr darauf, bald wieder mit ihm zu arbeiten.
In dem Song “Lucifer Mosquito” singt ihr über die Genesis und die Erbsünde auf eine Art, die sich sehr vom biblischen Narrativ unterscheidet. Was für eine Geschichte ist es, die ihr da erzählt?
Dem Song und der Story in “Lucifer Mosquito” liegt ein Traum zugrunde, den ich irgendwann hatte, ein ziemlich absurder Traum ehrlich gesagt. Es ist im wesentlichen eine alternative Version des Falles von Adam und Eva. Statt von der Schlange im Garten Eden verführt zu werden, sieht Adam, wie eine Stechmücke Blut von einem Schwein saugt, was ihn auf die Idee bringt, seine vegetarische Lebensweise aufzugeben und Tiere (in seinem Fall das Schwein) zu schlachten und zu essen.
Deswegen ist es gewissermaßen der Beginn des Falls der Menschheit, als Adam an einem derart brutalen Akt teinahm. Manche Theologen glaube, dass der Mensch vor dem Sündenfall Vegetarier war, und dass wir erst nach der Vertreibung aus dem Garten zu Karnivoren wurden.
Ich muss aber betonen, dass ich keineswegs Kreationist bin und bloß den Traum derart abgefahre fand, dass ich einen Song darüber schreiben musste, haha.
Ich betrachte die Genesis in der gleichen Weise wie ich das Buch der Offenbarung betrachte. Geschichten, die in einer fast fabelartigen Weise geschrieben waren, um Gottes Verhältnis zur Menschheit zu beschreiben. Aus diesen Geschichten lernen wir, doch sie sollten niemals wörtlich genommen werden.
Und was für fantastische Geschichten das sind! Auch die von der Arche Noah.
Was kannst du uns über die Folk- und Psychedelic-Musik in Australien und speziell Melbourne erzählen? Bist du da in eine Szene involviert?
Um ehrlich zu sein, die Szene in Melbourne ist wirklich klein, obwohl ich normalerweise nicht sehr häufig ausgehe und somit kein Experte bin für die Musik, die in Melbourne gespielt wird.
Wir selbst spielen auch nur sporadisch in der Gegend um Melbourne, und es scheint wohl ein paar junge Leute zu geben, die von den ganzen neueren Psychedelic-Gruppen beeinflusst sind. Jede Menge Psychedelic-Bands im Shoegazer-Stil mit Brian Jonestown Massacre-Reverbsound.
Eine Band von Melbourne, die ich besonders mag, sind die Citradels. Ihr Sound erinnert mich ein bisschen an The Outsiders und scheint ein bisschen mehr an östlich inspirierten Psyche-Jams orientiert zu sein.
Denkst du, der frühe Tod von Camera Obscura-Gründer Tony Dale hat eine große Lücke in der australischen Folkmusik hinterlassen?
Ich hatte nie das Vergnügen, Tony Dale persönlich zu treffen, obwohl ich einige Camera Obscura-Sachen liebe und immer noch gerne höre. Es war sehr traurig, als Tony starb und ich kenne viele Leute, die ihn gekannt hatten, u.a. mein bester Kumpel Neil Sweeney und die großartigen Jungs von Vicious Sloth-Collectables. Diese Leute haben Trappist wirklich unterstützt und sind sehr in Ordnung.
Ich denke, Tonys Tod hat weltweit in der Psych-Szene eine große Lücke hinterlassen. Tony hat über die Jahre hinweg soviele unbekannte Bands unterstützt und einem Publikum bekannt gemacht.
Es ist traurig, aber es sind immer die Guten, die von uns gehen.
(M.G. & U.S.)
Titelfoto: Alan Davidson (Kitchen Cynics)
Gemälde: Norbert H. Cox
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