Zum dritten mal nun hat sich das ohnehin recht kollaborationsfreudige Duo Hans Joachim Irmler (erstmals mit Faust in Erscheinung getreten) und F.M. Einheit (früher bei den Einstürzenden Neubauten) zusammen ins Studio begeben und in einer längeren Reihe an Jam-Sessions ein beeindruckendes Album entstehen lassen. Den spontanen, tendenziell improvisierten Charakter spürt man an allen Ecken und Enden, trotz allem ist „Bestandteil“ aber auch ein kollagenartiges Werk, das seinen einzelnen Komponenten viel Raum gibt und immer wieder bestimmte Klänge besonders exponiert. Dies verführt natürlich leicht dazu, den Titel schlicht auf den Inhalt zu beziehen.
Von der Klangerzeugung her sind es v.a. zwei Bestandteile, die dem Werk ihre Gestalt verleihen, nämlich Irmlers Orgel und eine von Einheit meist perkussiv bearbeitete Bassfeder. Die damit erzeugten Klänge treten auf immer wieder neue Art miteinander in den Dialog, suchen sich, weichen einander aus und bringen an besonders markanten Stellen mehrwürdige Kombinationen zustande. Was auf dem Weg entsteht, ist ein an artifiziellen Klangfarben reiches erzählerisches Muster, das durchgehend unberechenbar bleibt.
In den ersten Minuten macht „Bestandteil“ noch den Eindruck eines eher hintergründigen, ambienten Werks, man stellt sich auf Geduld ein und bewundert das Plastische und den Feinschliff der einzelnen, von der Zahl her noch überschaubaren Komponenten. Auch die vielen frei schwebenden Perkussions-Schnipsel lassen kaum ahnen, dass man schon einige Minuten später in ein komplett anderes Szenario geworfen wird, in dem zunächst ein smoothes E-Piano, ein grooviger Jazzbesen und enervierende Computer-Sounds die Oberhand haben – zunächst, denn das Ganze steigert mehr und mehr seinen Grad an Verfremdung, bis alles ins pure Chaos von „Streetlife“, dem ersten Höhepunkt, stürzt.
Zu den „besinnlichen“ Momenten des Auftaktes kehrt das Album immer wieder für Augenblicke zurück – im Glühen fast ornamentaler Orgelpassagen, die in den 70ern in einen Giallo oder einen Kenneth Anger-Film gepasst hätten, in entspannten Drones und in tollen Melodien. Konterkariert mit wuchtigen Noisequadern und chaotischen Big-Band-Zitaten hinterlässt all dies den Nachgeschmack eines schalkhaften dadaistischen Humors.
Ob in den lauten, atonalen Passagen, oder in den zurückgenommenen Momenten, den grummeligen Drones und langsamen Jazz-Grooves, in denen die Fülle am ehesten sichtbar wird – immer schaffen es Irmler und Einheit, die Soundsettings nicht allzu erdig und organisch ausfallen zu lassen und so den artifziellen Charakter der Arbeit zu unterstreichen. (U.S.)
Label: Klangbad